Schule ohne Militär Aktion gegen Bundeswehrauftritt in Berlin
Berlin. Kriegsgegner mußten draußen bleiben, als Offiziere am Donnerstag in Berlin-Marzahn bei den Berufsorientierungstagen am Melanchthon-Gymnasium auftraten. Knapp 30 Jugendliche (geschätztes Durchnitsalter 40 Jahre d.Red.) waren dem Aufruf des Bündnisses »Schule ohne Militär« gefolgt, um gegen die Bundeswehr zu protestieren. Polizeibeamte hinderten sie allerdings am Betreten des Gebäudes. Immerhin drei Schüler versuchten mit einer Sitzblockade vor dem Klassenraum, den Beginn der Veranstaltung zu verhindern. Daraufhin griff die Polizei auch im Schulgebäude ein und nahm ihre Personalien auf. Am Ende waren es aber nur sechs Zwölfkläßler, die den Soldaten Gehör schenkten. Für das Bündnis gibt es bereits am Montag erneut Anlaß, aktiv zu werden. Da sollen Offiziere den Unterricht im Fach Arbeitslehre an der Alfred-Wegener-Schule in Dahlem übernehmen. Im Gegensatz zum Bundeswehreinsatz am Donnerstag ist der Besuch der Lehrveranstaltung am 28. Juni für die Schüler nicht freiwillig, sondern Pflicht. Das Bündnis ruft für 10 Uhr zu einer Protestkundgebung vor der Schule in Dahlem, Im Gehege 6, auf.
Protest gegen Unterricht von Militärs an Schule in Berlin-Dahlem
Berlin. Unter dem Motto »Wir wollen der Bundeswehr nicht das Feld überlassen« protestierten am Montag Schülerinnen und Schüler vor der Alfred-Wegener-Oberschule in Berlin-Dahlem. Dort unterrichteten an dem Tag Wehrdienstberatungsoffiziere vier zehnte Klassen im Fach Arbeitslehre.
Unter den Protestierenden war auch Sebastian Schlüsselburg, Landesvorstandsmitglied der Berliner Linkspartei, der selbst einmal hier lernte. Er wäre lieber aus erfreulicheren Gründen zu seiner ehemaligen Schule zurückgekehrt, so Schlüsselburg gegenüber junge Welt. Doch nun wolle er helfen, die Tradition, Soldaten dort ein Podium zu bieten, zu beenden.
Der Einsatzleiter (rechts im Bild) demonstrierte seine Entschlossenheit die Kundgebung zu behindern
durch besonders aggressives Verhalten.
Wenig Verständnis für den Protest zeigte die Polizei. Zunächst forderten die Beamten die Jugendlichen auf, die Lautstärke des Lautsprecherwagens zu senken. Dann verlangten sie, daß zwischen den Redebeiträgen keine Musik gespielt wird. Das sei unpolitisch.
Bereits am vergangenen Freitag protestierten Schüler an einem Gymnasium in Berlin-Marzahn gegen Bundeswehrvorträge an ihrer Schule (jW berichtete). Während die Militärveranstaltung für die Schüler in Marzahn freiwillig war, fand sie am Montag in Dahlem im Rahmen einer Pflichtveranstaltung statt. Diese Praxis hält Schlüsselburg, der derzeit an der Berliner Humboldt-Universität Rechtswissenschaften studiert, für »verfassungsrechtlich bedenklich«. Er fordert, daß Schüler und Eltern für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen die Entscheidungskompetenz haben müssen.
Am 5. Juli veranstaltet die Lichtenberger Linkspartei im dortigen Rathaus um 18 Uhr eine Diskussion zum Thema Bundeswehr in der Schule. Auf dem Podium werden sich Jerome Lombard von der Landesschülervertretung, Sebastian Schlüsselburg und ein Jugendoffizier der Bundeswehr gegenübersitzen.
Foto vom "Ehrenmal für die gefallenen der Bundeswehr" mit Kommentar
"Die Schule soll missbraucht werden, um den Krieg gegen den Willen der Eltern, schön zu reden und falsches Heldentum zu verbreiten."
In einer Rede betonte Bert Schilden vom Bezirkselternausschuss Friedrichshain-Kreuzberg das Informationsrecht der Eltern
Schilden wies darauf hin, dass die Bundeswehr in den vergangenen drei Jahren fast ein Drittel aller Berliner Oberschulen besucht und im Unterricht Informationsveranstaltungen abgehalten habe und ihre Präsenz an Schulen ausbaue. So werde immer häufiger versucht, Jugendliche vom Sinn weltweiter Militäreinsätze zu überzeugen. Er begrüßte die Aktionen der SchülerInnen, durch die sie als Eltern diese Form der politischen Bildung erst ernsthaft zur Kenntnis genommen hätten.
Risiken und Nebenwirkungen
In Zeiten von Jugendarbeitslosigkeit und Führungskräftemangel bei der Bundeswehr stelle sich diese in ihren Werbeschriften bislang als „normaler (Ausbildungs-) Betrieb“ für bewaffnete Entwicklungshelfer dar und werbe mit der Möglichkeit, bei ihr Freiheit und Abenteuer zu genießen.
„Weil für unsere Kinder, wie hier, augenblicklich z.T. Anwesenheitspflicht bei solchen Veranstaltungen besteht, fordert unser Bezirkselternausschuss bis zu deren Abschaffung, wenigstens eine Garantie der Ausgewogenheit, zu der die Schule rechtlich auch verpflichtet ist. Zu Veranstaltungen mit der Bundeswehr müssten friedenspolitische oder antimilitaristische Organisationen hinzugezogen werden. Wir befürchten, dass die Risiken und oft traumatischen Nebenwirkungen des „Soldatenberufs“ in den Werbeveranstaltungen zu kurz kommen – wenn militärkritische Stimmen fehlen.“
Informationsrecht der Eltern
Des Weiteren forderte Schilden die Achtung des Informationsrechts der Eltern.Er forderte die Schulen auf, ihrer Informationspflicht nachzukommen und der Gesamtelternvertretung zu Beginn des jeweiligen Schulhalbjahres über Planungen von Informations-, Lehr- und Werbeveranstaltungen mit dem Militär zu unterrichten.
Er ging auf die neuen Aufgaben des deutschen Militärs als Armee im (weltweiten) Einsatz. ein. Die Umdeutung des verfassungsmäßigen Verteidigungsbegriffs seien gesellschaftlich höchst umstritten. „Wir verstehen das frühzeitige Umwerben von Kindern und Jugendlichen durch die Bundeswehr als Werben, um Akzeptanz für eine Militarisierung von Politik und Gesellschaft,“ sagte er.
Sicherung von Rohstoffquellen, Handelswegen und Märkten
Horst Köhler habe schon als Chef des Internationalen Währungsfonds die Bedeutung des Krieges für die Wirtschaft hervorgehoben. Als Bundespräsident sei er zurückgetreten, obwohl er eigentlich nur wiederholt habe, was schon vor mehreren Jahren handlungsweisend für die deutsche Armee, im sogenannten Weißbuch, zur weltweiten Sicherung von Rohstoffquellen, Handelswegen und Märkten formuliert wurde: … ein Land unserer Größe muss auch wissen..., dass im Zweifel auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren…
Kurz vorher habe Minister Karl Theodor zu Guttenberg, in der Presse dazu „ermuntertet“, angesichts der breiten Kriegsablehnung in der Bevölkerung, vermehrt Soldaten mit Einsatzerfahrung an den Schulen zu verwenden.
Das halte Schilden für politisch äußerst gefährlich: weil zu viele Eltern gegen den Afghanistan-Krieg sind, sollten ihre Kinder, durch die Präsenz von Militär an öffentlichen Schulen, an die gegenwärtige und zukünftige Normalität des Krieges gewöhnt werden, und an den Irrglauben, dass Konflikte mit Kriegen gelöst werden könnten. Praktisch bedeute dies,„die Schule soll missbraucht werden, um den Krieg, gegen den Willen der Eltern, schön zu reden und falsches Heldentum zu verbreiten.“
"Im Zweifel" unglaubwürdig
Das wiederspreche außerdem den jahrelangen Bemühungen, mit den Schülern und Schülerinnen in Antigewalt-, Streitschlichter- und Mediations-AGs eine Kultur der konstruktiven Konfliktbearbeitung zu entwickeln.
„Was wir von der Jugend verlangen, müssen wir selbst als Gesellschaft auch einlösen. Wenn wir unsere Interessen in Konflikten „im Zweifel“ gewalttätig durchsetzen, machen wir uns vor unseren eigenen Kindern unglaubwürdig.“
Protest berechtigt
"Euer Protest ist berechtigt und der Widerstand gegen den neuen Militarismus auch unsere Sache." Die Institutionalisierung der Zusammenarbeit von Militär und Schule mache auch ihnen als Eltern Sorgen. Mittlerweile existieren in mehreren Bundesländern Kooperationen zwischen Armee und Kultusministerien.
Darum habe der Bezirkselternausschuss die Arbeitsgruppe “Schule muss militärfreier Raum bleiben“ ins Leben gerufen. "Obwohl die geltende Rechtslage Militärveranstaltungen an Schulen zulässt, sprechen auch wir uns für die Schule als militärfreien Raum aus." Zusammen mit Eltern, LehrerInnen, SchülerInnen und StudentInnen wolle man politischen Druck erzeugen, damit sich das Militär wieder aus den Schulen zurückzieht.Die Strategie zivil-militärischer Zusammenarbeit müsse spätestens am Schultor enden.
Das Gesicht des Militarismus
" Es gab schon immer gute Gründe unsere Jugned in den Krieg zu schicken,
- sie müssen nur gut vermittelt werden."
Wehrpflicht und Ausbildungchancen: "Alles ganz normal und offiziell"
"Darf jetzt die Bundeswehr, die uns laut Grundgesetz schützen soll, nicht mehr in die Schulgebäude?"
"Das ist keine Werbungveranstaltung, sondern eine Informationsveranstaltung", sagte der Lehrer, der die Bundeswehr auf Geheiß der Schulleitung eingeladen hatte. Die Veranstaltung sei ganz offiziell im Rahmen des Fachs Berufsorientierung gelaufen.
... Schließlich flattern bald die Einberufungsbefehle ins Haus. Darauf sollen die (14 jährigen) Jugendlichen vorbereitet werden....
Man habe doch nur den 9. KlässlerInnen ganz normal Informationen über die Wehrpflicht zu Verfügung gestellt, meinte der Jugendoffizier...