Im November 2009 fand im Paulsengymnasium in Berlin-Steglitz eine Veranstaltung zum Thema »Was hat die Bundeswehr in Afghanistan verloren« statt. Die Schulleitung hatte dazu zwei Offiziere der Bundeswehr eingeladen. Entgegen Behauptungen der Schulleiterin gegenüber einer Berliner Zeitung, den SchülerInnen sei die Teilnahme an der Veranstaltung freigestellt gewesen, liegen der LandesschülerInnenvertretung (LSV) Berlin mehrere Aussagen von SchülerInnen des Paulsengymnasiums vor, dass den SchülerInnen Ordnungsmaßnahmen bei Nichterscheinen angedroht wurden.
Die LSV kritisiert dieses Vorgehen: »Hier wurden die Rechte der SchülerInnen eindeutig mit Füßen getreten und es zeigt sich - leider wieder einmal - wie zweierlei Mass angelegt wird: Als in den vergangenen Wochen auch SchülerInnen des Paulsengymnasiums für eine bessere Bildung, für kleinere Klassen, mehr LehrerInnen etc., für ein demokratisches Miteinander in der Schule auf die Straße gingen, wurden ihnen die selben Massnahmen angedroht, falls sie dem Unterricht fernbleiben würden. Auch dort wurde mit Unterrichtsausfall und Obhutspflicht seitens der Schulleitung argumentiert.«
»Für eine Werbeveranstaltung der Bundeswehr darf Unterricht ausfallen, aber für ein verbrieftes Grundrecht auf Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit nicht«, fragt Jerome Lombard von der LSV. Micha Schmidt, Büroleiter der LSV, geht sogar noch einen Schritt weiter: »Auf der einen Seite darf niemand das Schulgelände zu einer legitimen Kundgebung verlassen, weil die Schulleitung sich in der Obhutspflicht sieht und Verletzungsgefahr bestehen könnte - auf der anderen Seite werden die SchülerInnen einer Maschinerie in die Arme getrieben, die Tod und Verderben bringt. Wie die Schulleitung diese Differenzierungen begründen will, sollte sie öffentlich erklären.«
In den Tagen nach der Veranstaltung wurden von LehrerInnen abfällige Bemerkungen über kritische Äußerungen von SchülerInnen und der Presse über die Veranstaltung gemacht. Von Pädagogen, die ihren Bildungsauftrag im Sinne eines demokratischen Miteinanders verstehen sollten, ist etwas anderes zu erwarten, fordert die LSV. »Aber hier zeigt sich ganz deutlich, dass es nicht um die SchülerInnen geht, sondern dass sich ein System darstellt, dass mittlerweile wohl von den meisten SchülerInnen abgelehnt wird«, so die LSV. Das habe auch der Aufruf der Gruppe »KlassenKampf« zur Störung der Veranstaltung gezeigt. Das wurde von der Polizei verhindert. Selbst SchülerInnen konnten nur nach Zeigen des Schülerausweises dieser Schule in das Gebäude gelangen, kritisiert die Schülervertretung.
»In Zeiten, in denen es immer mehr Unterrichtsausfall gibt, 2009 zum Beispiel noch durch die Schweinegrippe verstärkt, solche unsinnigen Werbeveranstaltungen für Krieg und militaristische Expansion in die Schulen zu holen, zeigt, wie rückwärtsgewandt einige LehrerInnen sind. Ein Minister der Bundesregierung musste zurücktreten, weil die ihm Unterstellten nicht ausreichend über die Tötung von Menschen informierten und im Bundestag und in der Öffentlichkeit wird über die Abschaffung oder zumindest Verkürzung der Wehrpflicht und die Verkleinerung des Kriegswerkzeuges Bundeswehr diskutiert. Deshalb fordert die LandesSchülerInnenVertretung Berlin: Bundeswehr raus aus den Schulen! Für ein demokratisches Miteinander von SchülerInnen und LehrerInnen! Für ein selbstbestimmtes Lernen, jenseits von militanten Großmachtträumen! Für eine Welt in Frieden und Gerechtigkeit!« heißt es abschließend in der LSV-Erklärung.
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