Welche Wege und ethischen Abwege hat die Medizin beschritten, um auf die Wirkung immer differenzierterer und zerstörerischer Waffensysteme zu reagieren? Welchen Einfluss hatten diese Entwicklungen auf Medizin und Sozialpolitik in Friedenszeiten? Wissenschaftliche Essays sowie Zeitzeugenberichte von Soldaten, Ärzten, Zivilisten, Krankenschwestern und Künstlern verdeutlichen, welchen Herausforderungen die Organisatoren humanitärer Hilfe in Kriegsgebieten gegenüberstanden und welche aktuellen Aufgaben sie heute bewältigen müssen. Sie skizzieren die moralischen und ethischen Konflikte, mit denen sowohl Ärzte als auch Helfer im Krieg konfrontiert sind.
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Unsere Position
Krieg und Gewalt im Kontext der Globalisierung
In Ländern wie Afghanistan, Irak oder dem Kongo herrscht heute ein eigentümlicher Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden. Man weiß nie genau, ob der Krieg zuende ist oder nur eine Pause einlegt. Ob es morgen wieder losgeht und nicht der Krieg längst die Normalität ist. Dabei gibt es selten klare Unterscheidungen zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten, auch sind kaum identifizierbare militärische Fronten auszumachen. Hinzukommt eine weitgehende Aushöhlung des im Kriegsvölkerrecht geregelten Schutzes der Zivilbevölkerung und – was Organisationen wie medico verstärkt zu schaffen macht - die Instrumentalisierung von Hilfe für kriegerische Zwecke.
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Psychosoziale Arbeit in Gewaltkontexten
Konzeptionelle Überlegungen
Den Kontext von Gewalterfahrungen verstehen
Die wachsende globale Ungleichheit ist eine wesentliche Ursache der eskalierenden Gewalt. Der Globalisierungsprozess hat einerseits die Integration der Welt zu einem globalen System ermöglicht und andererseits die Ausgrenzung von großen Teilen der Weltbevölkerung verursacht, für die es in eben diesem System keinen Platz zu geben scheint. Das Ergebnis sind Ungleichheiten nie gekannten Ausmaßes zwischen dem Süden und dem Norden aber auch innerhalb einzelner Länder. Das begünstigt Bandenkriminalität, Zerfall staatlicher Autorität und Warlordismus in den verarmten Regionen, hingegen einen Sicherheitsimperialismus in den ökonomischen Zentren, der die bestehenden Macht- und Wirtschaftsverhältnisse absichern will. Irrational und sinnlos anmutende Gewalt ist auf diesem Hintergrund durchaus zielgerichtet: Sie produziert Gewinner und Nutznießer ebenso wie Verlierer. Weitere zentrale Faktoren prägen den Kontext von Gewalterfahrungen:
- Die Macht der Vergangenheit - ungelöste historische Konflikte und Identitäten: Kolonialgeschichte, interethnische und -religiöse Konflikte, Regionalkonflikte, ideologische Differenzen, Instrumentalisierung von Opfererfahrungen, Mobilisierung von Gruppenidentitäten durch Ausgrenzung und Polarisierung
- Strategien der Kriegsführung: Terrorisierung und Traumatisierung von Zivilisten (besonders Frauen und Kinder) als Kriegsziel, systematische Zerstörung von sozialen und kulturellen Strukturen und Sinnzusammenhängen, Einsatz von Kindern als Soldaten
- Die Geschlechterbeziehung im Rechts- und Glaubenssystem, in der geschlechtlichen Arbeitsteilung aber auch als Identitätsfaktor
- Eine 'Kultur der Gewalt', die Gewalt als gesellschaftliches Regulationsinstrument akzeptiert
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