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Militärwerbung an Schulen illegal?


26.03.2010 / Schwerpunkt / Seite 3Inhalt

Militärreklame illegal

Bundestagsgutachten wertet Werbungseinsatz von Jugendoffizieren in Schulen als rechtswidrig. Die Linke fordert den Abzug der PR-Truppe

Von Frank Brendle
Messen, Marktplätze, Schulen – die Bundeswehr bem&uum
Messen,Marktplätze,Schulen – die Bundeswehr bemüht sich um Omnipräsenz

Die Praxis der Bundeswehr, Jugendoffiziere an Schulen werben zu lassen für die Armee, ist rechtswidrig. Dieser Schluß ergibt sich aus einem Gutachten, das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im Auftrag des Linken-Abgeordneten Stefan Liebich ausgearbeitet hat und das von dem Parlamentarier am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Die Ausarbeitung hebt vor allem auf das den Eltern per Verfassung garantierte Recht zur selbständigen Erziehung der Kinder ab. Der Staat sei deswegen zur »Neutralität und Toleranz« verpflichtet. Einsätze der Jugendoffiziere seien zwar möglich, aber eine gezielte Beeinflussung der Schüler dürfe es nicht geben. »Je umstrittener in der Öffentlichkeit die Inhalte der Veranstaltung sind, desto eher muß die Schule auf die Ausgewogenheit achten«, heißt es in nur fünfseitigen Papier.

Öffentlichkeitsarbeiter

Doch neutral sind die Jugendoffiziere keineswegs. Das Verteidigungsministerium bezeichnet sie selbst als »Öffentlichkeitsarbeiter der Bundeswehr«. Dennoch werden sie als angebliche »Experten« in Sachen Sicherheitspolitik in die Klassenräume geschickt. Rund 114000 Schülerinnen und Schüler sind im letzten Jahr dem »Unterricht« dieser PR-Agenten ausgesetzt worden, einige Tausend wurden außerdem im Rahmen von Kasernenbesuchen oder Seminaren agitiert.

Eine rechtswidrige Indoktrination könne die Schule vermeiden, »indem sie zu einer Veranstaltung auch einen militärkritischen Vertreter einlädt oder im Vorfeld der Veranstaltung die Schüler für kritische Aspekte sensibilisiert«, so das Papier. Allerdings versprechen sich etliche Lehrer vom Jugendoffizier gerade, daß er ihnen die Mühe einer eigenen Unterrichtsvorbereitung erspart. Zudem hat die Anwesenheit von Militärkritikern Seltenheitswert. In Berlin etwa wurden im vergangenen Jahr 98 Schulen von Jugendoffizieren aufgesucht, wie aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Berliner Links­fraktion hervorgeht. Ganze elf Mal war ein Vertreter des Bundesamtes für Zivildienst mit dabei, das auch nicht gerade als antimilitaristisch gelten kann. Friedensgruppen werden gar nicht erwähnt. Dennoch bekräftigt das Gutachten die Anwesenheitspflicht der Schüler auch dann, wenn der Vortrag des Offiziers tendenziös gerate. Diesen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot müsse die Schule gegebenenfalls nachträglich »heilen«. Veranstaltungen außerhalb des Lehrplans müßten aber freiwillig sein.

Jobmöglichkeiten

Kritisch bewertet das Gutachten auch sogenannte Informationen der Wehrdienstberater über Jobmöglichkeiten bei der Truppe. Damit wurden im Vorjahr bundesweit fast 300000 Schüler erreicht. Auch hier sei auf Neutralität zu achten, wobei offen bleibt, was das genau heißen soll. Dem Linke-Parlamentarier Liebich zufolge genügt es nicht, der Bundeswehr einfach eine Reihe ziviler Arbeitgeber zur Seite zu stellen, die sich ebenfalls an Schulen präsentieren können. Das Militär müsse vielmehr von Unternehmen flankiert werden, die auch inhaltlich eine Alternative zum Töten darstellten, wobei er speziell die Kirchen nannte. Sein Statement, er wünsche sich »kritische Begleitung und zivilen Ungehorsam von seiten der Schüler«, griffen zwei Angehörige der Landesschülervertretung (LSV) auf: Sie wiesen auf Protest­aktionen hin, die heute vor einem Berliner Gymnasium gegen die »Berufswerbung« der Bundeswehr stattfinden. Die Linkspartei will in den kommenden Wochen in den Bezirksverordnetenversammlungen Anträge einbringen, die die Neutralität der Schulbildung in Berlin gewährleisten sollen.

Der Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK), Monty Schädel, kündigte gegenüber jW am Donnerstag an, sein Verband prüfe nun die Möglichkeit, Eltern, »die ihre Kinder vor den Kriegswerbern in der Schule schützen wollen«, bei gerichtlichen Klagen gegen die Schulleitungen zu unterstützen, wenn Besuche von Jugendoffizieren anstünden.

Quelle:www.jungewelt.de/2010/03-26/050.php





Berliner Zeitung

 

 

Schülerdemo gegen Bundeswehr

Vor Gymnasium wird gegen Berufsberatung durch Offiziere protestiert

Martin Klesmann

Am Freitagmorgen gegen zehn Uhr wird es vor dem altehrwürdigen Schadow-Gymnasium in Zehlendorf zu einer ungewöhnlichen Demonstration kommen. Unter dem Motto "Bundeswehr raus aus den Schulen" demonstrieren Schülergruppen und die Linke gegen den zeitgleich stattfindenden "Beratungstag zu Berufsperspektiven" an diesem Gymnasium. Dort soll nämlich ein ehemaliger Marineoffizier und Militärattaché interessierten Oberstufenschülern das Berufssoldatentum näher bringen, wie Schulleiter Harald Mier gestern bestätigte. Zur Demonstration aufgerufen hat eine Schülergruppierung namens "Klassen-Kampf Süd-West". Man protestiere gegen "Re-krutierungsversuche der Bundeswehr", heißt es in einer Erklärung, die von der Landesschülerinnenvertretung versandt wurde.

Der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich (Linke) unterstützt solche Demonstrationen als "sehr positiv". Schüler sollten sich nicht an das Militärische gewöhnen. Die Linke kritisiert schon seit längerer Zeit die zahlreichen Veranstaltungen der Bundeswehr an Berliner Schulen, bei denen häufig Jugendoffiziere der Bundeswehr den Schülern die Sicherheitspolitik erklären und damit auch für eine berufliche Tätigkeit in der Armee werben. Liebich hat ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag erstellen lassen, in dem die Aktivitäten der Bundeswehr an Schulen bewertet werden. Gestern stellte er es vor. Demnach sind Informationen über die Bundeswehr auch im Pflichtteil des Schulunterrichts "verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig", so der Bundestagsgutachter. Gehe es um Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr müsste es aber um eine "neutrale und ausgewogene Informationsvermittlung" gehen, bei der die Schüler auch die Vielfalt beruflicher Werdegänge außerhalb der Bundeswehr" kennenlernen sollten. Prinzipiell trage die Schule für die Durchführung solcher Veranstaltungen die Verantwortung. Liebich betonte, dass Schulen auch Alternativen zur Bundeswehr aufzeigen müssten.

Die vier in Berlin eingesetzten Jugendoffiziere der Bundeswehr haben allein in den vergangenen drei Jahren fast ein Drittel aller hauptstädtischen Oberschulen besucht und dort im Schulunterricht Informationsveranstaltungen abgehalten, wie jüngst eine parlamentarische Anfrage ergeben hat.

Gegen solche Veranstaltungen werden am Freitag auch Schüler des Schadow-Gymnasiums protestieren. Allerdings werden laut Schulleiter Mier gar keine Jugendoffiziere an seiner Schule erwartet. Im Rahmen der Berufsorientierung für Oberstufenschüler würde vielmehr der pensionierte Marineoffizier das Berufsbild des Soldaten darstellen - neben ungefähr zwölf weiteren Berufsroutiniers wie einem Mediziner, einem Chemiker oder einem Juristen, die ihren jeweiligen Beruf vorstellen sollen. "Die Schüler konnten sich dafür schriftlich anmelden", sagte Mier. Die Anmeldung erfolge freiwillig. Die angekündigte Demonstration sorgt aber nun doch für Unruhe an der Schule. "Ich stehe derzeit in engem Kontakt zur Polizei", sagte Schulleiter Harald Mier.



 

 
Ankündigungen (siehe: Aufrufe und Einladungen)  
  Zur Zeit sind Soldaten der Bundeswehr in folgenden Ländern im Einsatz:

Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Afghanistan, Usbekistan ,Sudan
Horn von Afrika (Djibouti) und vor den Küsten Libanons und Somalias

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Zahlreiche Werbetermine der Bundeswehr findet ihr unter:

www.kehrt-marsch.de

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