Entwicklungshilfeministerium macht ehemaligen Kommandeur des berüchtigten Panzerbataillons 33 zum Abteilungsleiter
Niebel rekrutiert die alten Kameraden
18.02.2010, 13:26
Von Thorsten Denkler, Berlin
Dirk Niebel macht einen Bundeswehr-Kumpel zum Verantwortlichen für Afrika und Nahost. Auch sonst scheint Fachkompetenz wenig zu zählen.
Dirk Niebel hat zehn Leute aus seinem Umfeld im Entwicklungshilfeministerium untergebracht. Foto: ddp
Wer die FDP darauf hinweist, dass sie doch eigentlich das Entwicklungshilfeministerium abschaffen wollte, der bekommt zur Antwort, dass das gar nicht der Fall sei. Man habe nur kritisiert, dass das Ministerium unter Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zu einem Nebenaußenministerium verkommen sei. Damit sei jetzt aber Schluss - jetzt, da Ex-FDP-Generalsekretär Dirk Niebel das Amt übernommen habe.
Der Hauptmann der Reserve scheint richtig aufräumen zu wollen in seinem Haus. Zehn neue Leute aus seinem engsten Umfeld hat Niebel nach Informationen der Frankfurter Rundschau seit seiner Vereidigung mit neuen Posten bedacht. Darunter auch der einstige Bundesgeschäftsführer der FDP, Hans-Jürgen Beerfeltz, der jetzt zum Staatssekretär aufgestiegen ist. Ihm wird auf entwicklungspoltischem Gebiet ähnlich viel Fachkompetenz zugeschrieben wie dem Minister selbst: irgendwo nahe Null.
Der Personalrat geht auf die Barrikaden: Die Frankfurter Rundschau zitiert ihn aus einem ungewöhnlich offenen Brief an die Hausleitung: "Wir halten bei nunmehr zehn externen Besetzungen in wenigen Wochen die Grenze für erreicht." Die "institutionellen Kenntnisse und fachlichen Erfahrungen" der Mitarbeiter dürften nicht "ungenutzt" bleiben.
Im Klartext: Das Personal fühlt sich offenbar von einer Horde Ahnungsloser überrannt. Die jüngste Personalie unterstreicht das nur.
Niebel hat einen alten Bundeswehr-Kumpel mit einem Posten im Ministerium versorgt. Von März an wird ein gewisser Oberst Friedel H. Eggelmeyer der Abteilung 03 vorstehen. Nach derzeitigem Stand hätte Herr Oberst dann Afrika und Nahost zu verantworten.
Eggelmeyer und Niebel sind alte Bundeswehr-Kameraden. Als Oberst hatte Eggelmeyer dem ehemaligen Fallschirmjäger Niebel noch 2008 die Dienstgradschlaufen angelegt, als er den FDP-Politiker zum Hauptmann der Reserve beförderte.
Kamerad Eggelmeyer wird eine pikante Verbindung zu Afrika nachgesagt. Er war einst Kommandeur des berüchtigten Panzerbataillons 33. Vor drei Jahren kam heraus, dass in dem Bataillon alte Wehrmachtssymbole als Verbandsabzeichen verwendet wurden. Der von Eggelmeyer gegründete Freundeskreis Panzerbataillon 33 Neustadt verwendet bis heute die Palme als Vereinssymbol. Es soll die Nähe zum Afrika-Corps der Wehrmacht symbolisieren, wie es auf den Internetseiten des Freundeskreises heißt.
Oberst Eggelmeyer war bisher als Sicherheitsberater der FDP-Fraktion aktiv. Gut möglich, dass er künftig die Zusammenarbeit zwischen Entwicklungshelfern und Bundeswehr im Norden Afghanistans vorantreiben soll, was von einigen Entwicklungshilfe-Organisationen als weitere Zumutung empfunden werden dürfte.
Niebel droht Organisationen inzwischen offen damit, die Unterstützung zu verweigern, sollten diese nicht mit der Bundeswehr kooperieren wollen. Vom Nebenaußenministerium wird das Haus langsam, aber sicher zum Nebenverteidigungsministerium umgebaut.
Auf seiner jüngsten Afrika-Reise hat Niebel die Fachwelt irritiert, weil er bei offiziellen Anlässen eine Bundeswehr-Kappe trug und dazu eine verspiegelte Sonnenbrille. Er war in dieser martialischen Aufmachung von lokalen Despoten kaum zu unterscheiden.
Die Kritik des Personalrats weist Staatssekretär Beerfeltz gegenüber der Frankfurter Rundschau zurück: Mit Eggelmeyer sei das Ministerium "breiter aufgestellt",
Auch die anderen Personalentscheidungen Niebels lassen nicht zwingend den Schluss zu, er wolle die Fachkompetenz des Hauses stärken. Zweite Staatssekretärin neben Beerfeltz ist die ehemalige FDP-Außenwirtschaftsexpertin Gudrun Kopp - eine alte Freundin Niebels, seit sie gemeinsam 1998 in den Bundestag zogen.
Zuständig für die Kooperation mit gesellschaftlichen Kräften ist jetzt Werner Bruns, den Niebel aus dem Stuttgarter Wirtschaftsministerium nach Berlin beordert hat. Die Reform der Hausorgansiation soll ein bisher unbekannter Bonner FDP-Lokalpolitiker verantworten. Allen ist gemein, dass sie mit Entwicklungspolitik bisher eher wenig am Hut hatten.
Ahnung von Entwicklungspolitik zu haben, scheint unter Dirk Niebel ohnehin eher störend zu sein. Den wissenschaftlichen Beirat seines Hauses hat er bereits mundtot gemacht. Er steht kurz vor der Auflösung.
Vielleicht gibt es ja den Zapfenstreich.
(sueddeutsche.de/woja/gba)
Politik
Freitag, 19. Februar 2010
Umstrittene Personalpolitik
Niebel rechtfertigt sich
Die Opposition wirft Entwicklungshilfeminister Niebel vor, sein Ministerium "in schamloser Art und Weise zu einem Auffangbecken für alte FDP-Freunde und Bundeswehr-Kameraden" zu machen. Niebel kontert, Parteibücher hätten bei der Besetzung von Stellen keine Rolle gespielt.
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel hat seine Personalpolitik verteidigt. Bei der Besetzung von Stellen in seinem Ministerium habe er nicht auf Parteibücher geguckt, sagte der FDP-Politiker im Deutschlandfunk. Er habe zudem sehr viele langjährige Mitarbeiter des zuvor elf Jahre lang von der SPD geführten Ministeriums in neue, höhere Stellen gebracht.
Niebel war von der Opposition massiv kritisiert worden, weil er in den vergangenen Wochen mehrere Führungspositionen mit FDP-Mitgliedern besetzt hatte. Für Unmut sorgte vor allem, dass er den früheren Oberst der Bundeswehr, Friedel Eggelmeyer (59), zum Abteilungsleiter gemacht hatte...
.... Ursprünglich wollten die Freidemokraten das Entwicklungshilfe-Ressort auflösen. Nach der erfolgreichen Bundestagswahl wechselte dann Niebel im Oktober vergangenen Jahres vom Posten des FDP-Generalsekretärs auf den Ministerposten.
"Gute Wahl"
Niebel sagte, Eggelmeyer sei eine "gute Wahl", weil er zuletzt zwölf Jahre lang sicherheits- und außenpolitischer Berater der FDP-Bundestagsfraktion gewesen sei. In seiner aktiven Dienstzeit als Soldat sei er außerdem mehrfach abgeordnet gewesen, zum Beispiel in die Planungsstäbe im Auswärtigen Amt und im Verteidigungsministerium. Die Personalie führe daher zu einer "Verbreiterung der Kompetenz des Ministeriums", zumal Eggelmeyers Abteilung unter anderem für Afghanistan zuständig sei. Eggelmeyer soll die Abteilung Nordafrika, Nahost und Afghanistan leiten.
Der Fallschirmjäger Niebel wies auch Berichte zurück, wonach ihn Eggelmeyer 2008 zum Hauptmann der Reserve befördert habe. Dies habe vielmehr der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) getan. Er räumte aber ein, dass Eggelmeyer ihm die linke Dienstschlaufe angelegt hatte, die rechte Jung...
www.n-tv.de