Es geht um die Rivalität von Geschäft und Moral. Und es geht um viel Geld. In den USA kommen fünf internationale Unternehmen vor Gericht, darunter auch zwei deutsche: der Autobauer Daimler und der Rüstungskonzern Rheinmetall. Angeklagt haben sie Tausende Opfer des südafrikanischen Apartheidregimes. Sie werfen den Unternehmen vor, durch die Lieferung von Fahrzeugen und Waffen Gewalt und Rassentrennung unterstützt zu haben. Es geht um Entschädigungen in Millionenhöhe. Für Dieter Simon ist der Fall klar. Er arbeitet für die deutsche Organisation "Koordination Südliches Afrika" (KOSA), die die Klage unterstützt. "Es ist die Entscheidung der Firma, ob sie sagt: Ich weiß, dass mit den Fahrzeugen und Waffen Menschen unter Druck gesetzt werden, aber egal, Hauptsache ist der Profit."
"Normales" Geschäft oder Tatbestand?
In der Daimler-Zentrale in Stuttgart sieht man der Klage gelassen entgegen
Die südafrikanischen Kläger argumentieren so: Die Konzerne hätten gewusst, dass das Apartheid-Regime ihre Produkte zur Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung nutzte. So seien sie – indirekt – zu Mittätern geworden. US-Richterin Shira Scheindlin vom New Yorker Bezirksgericht Süd ließ diese Argumentation und die Sammelklage nun zu. Zu Unrecht, findet der Daimler-Konzern. In einem knappen Statement teilt eine Sprecherin mit: "Wir halten die Klage für unbegründet." Man sei zuversichtlich, dass das Verfahren zu eigenen Gunsten ausgehen werde. Von Rheinmetall war keine Stellungnahme zu bekommen.
Rechtsgrundlage ist umstritten
Mehrere Staaten, darunter die USA und Deutschland, hatten versucht, das Verfahren zu verhindern. Sie argumentierten damit, dass ihre Beziehungen zu Südafrika Schaden nehmen könnten. Auch die südafrikanische Regierung sprach sich deswegen mehrfach gegen den Prozess aus. Sie empfindet es als Einmischung, dass der Fall vor einem US-Gericht verhandelt wird. Eine umstritttene Klausel im US-Recht macht das möglich. Christian Tomuschat, Völkerrechtler und ehemaliges Mitglied des UN-Menschenrechtsausschusses, findet das abwegig. Der Fall hätte nichts mit den USA zu tun. "Dass nun irgendwelche Schadensersatzklagen vor amerikanischen Gerichten verhandelt werden können, ist schon eine große Merkwürdigkeit."
Kläger hoffen auf Erfolg
Gemeinsam versuchen Frauen ihre Erlebnisse während der Apartheid zu verarbeiten
Die Kläger feiern diese Merkwürdigkeit als riesigen Erfolg. Immerhin hatten sie die Klage bereits im Jahr 2002 eingereicht. Damals wurde sie jedoch abgewiesen. Zwar nahm Richterin Scheindlin die Klage nun nur begrenzt an; so wurden etwa die Vorwürfe gegen mehrere deutsche Banken abgewiesen. Dennoch sei der Fall bereits jetzt ein Erfolg für die Menschenrechte in Zeiten der Globalisierung, sagt Dieter Simon von KOSA: "Es wurden zum ersten Mal grundlegende Prinzipien festgelegt, nach denen auch 'sekundäre Akteure' zur Verantwortung gezogen werden können." Das heißt, nicht nur die, die die Waffen betätigt hätten, sondern auch die, die sie geliefert haben. Und diese Verantwortung hätten sie zu Recht, findet Simon: "Weil sie wussten, was damit passiert."
Autorin: Anna Corves
Redaktion: Katrin Ogunsade