Vicenzas amerikanischer "Schwester"-Stützpunkt in Wiesbaden
von Antonio Mazzeo
Veröffentlicht am Montag, 26. Oktober 2009
http://www.italia.attac.org/spip/spip.php?article2913
In Deutschland entsteht im Herzen Hessens einer der größten Stützpunkte
der US-Armee in Europa. Im Rahmen des Programms zur Neuordnung der
US-amerikanischen Militärpräsenz auf dem alten Kontinent, dessen Ziel
die Schaffung von fünf großen "Naben"-Zentren ist, in denen die
Abteilungen der Boden- und Luftlandetruppen konzentriert werden
(darunter der frühere Militärflugplatz Dal Molin bei Vicenza), leitete
das Pentagon Arbeiten in Höhe von mehreren Millionen zum Umbau und zur
Erweiterung der Kasernen und des Luftwaffenstützpunkts, die in Wiesbaden
entstehen, in die Wege. Das Zentrum ist heute Sitz der 1. Bewaffneten
Division und einer Reihe von Abteilungen der US-Armee, die vor einigen
Monaten von einem sehr langen Einsatz im Irakkrieg zurückkehrten.
Für die Errichtung einiger strategischer Infrastrukturen, in die
Menschen, Geräte und Waffen verlegt werden, die heute in Heidelberg,
Mannheim und Darmstadt untergebracht sind, wurden vom Pentagon 252 Mio.
USD bereitgestellt. Erst vor einigen Tagen wurde vom Ingenieurkorps der
US-Armee im Hinblick auf die Planung und Errichtung eines Zentrums zur
Koordinierung von Kriegseinsätzen (Network Warfare Center) und des neuen
Kommandos der 7. Armee (auch bezeichnet als United States Army Europe),
dem die in Europa stationierten Landstreitkräfte unterstehen, ein
Vertrag über 125 Mio. USD unterzeichnet. Darüber hinaus wird ein großes
operatives Zentrum zur Unterbringung der neuen Kontroll- und
Kommunikationsstation von USAREUR, dem Kommando der US-Armee in Europa,
eingerichtet. USAREUR zufolge handele es sich um eine bisher nie
umgesetzte Struktur, die bis zu eintausend Militärangehörige aufnehmen
könne. Durch dieses Infrastrukturprogramm würden die Hauptquartiere der
US-Armee und die Kommandos der 5. Signal Brigade, der 66. MI Brigade und
weiterer US-amerikanischer Unterstützungseinheiten konsolidiert und
damit die operativen Kapazitäten der Heeresstreitkräfte auf dem
Kontinent vergrößert.
Auf dem Flughafen Wiesbaden wurden beeindruckende Baumaßnahmen in die
Wege geleitet: eine als "Army lodge" bezeichnete Unterkunft mit 164
Zimmern, in denen US-amerikanische Offiziere und Unteroffiziere
untergebracht werden (Kosten 32 Mio. USD) und ein Freizeitzentrum mit
Kinosälen, Bar, Gastwirtschaft, Restaurants, Schnellimbissen,
Tanzflächen und Bowlingbahnen, Spielautomaten und Videospielen (8,8
Millionen). 2010 beginnen zudem die Arbeiten zum Bau einer riesigen
Wohnanlage mit 324 Einfamilienhäusern für das US-Personal und dessen
Familienangehörige (133 Mio. USD). Der neue Naben-Stützpunkt Wiesbaden
soll bis 2013, wenn die Verlegung der Abteilungen der 7. Armee
abgeschlossen sein wird, voll funktionsfähig sein. Nach Angaben des
USAEUR-Kommandos werden aufgrund des Konsolidierungsplans der
Streitkräfte in Europa mehr als 4.000 Militärangehörige nach Wiesbaden
kommen, so dass sich die Zahl des US-amerikanischen Personals auf 17.000
Personen beläuft.
Das Unternehmen M+W Zander Israel Ltd, eine israelische
Tochtergesellschaft der M+W Zander in Stuttgart, eines Kolosses des
deutschen Industrie-, Militär- und Raumfahrtkonzerns, der auch in den
Bereichen Pharmazie, hochentwickelte Konstruktionen, Biotechnologie,
Giftmüllentsorgung und "alternative Energien" tätig ist, wurde von der
US-Armee mit dem Infrastrukturprogramm für Wiesbaden betraut. Seit
seiner Gründung im März 2004 sicherte sich die M+W Zander Israel einen
Großteil der Verträge, die das Ingenieurkorps der US-Armee zur
Verstärkung und Modernisierung der Einrichtungen der israelischen
Luftwaffe in Israel und in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes
finanziert. Das Unternehmen baute insbesondere die Kontrolltürme der
Luftwaffenstützpunkte Palmachim und Sde Dov, die Stromerzeugungsanlage
und eine Flugzeughalle für die Unterbringung der Black
Hawk-Kampfhubschrauber im Flughafen Hazerim, Munitionsdepots, Bunker und
operative Zentren des Fluggeschwaders in Ramon, die Sicherheitssysteme
der Stützpunkte Tel Nof und Hazor sowie eine große Flugzeughalle für
Flugzeuge und Hubschrauber im geheimen Militärstützpunkt "Site Z".
USACE, der europäische Teil des Ingenieurkorps der US-Armee, übertrug
M+W Zander Israel auch die Bauarbeiten für den weltweit größten
Truppenübungsplatz auf städtischem Gelände ("Military Operations in
Urban Terrain Training Facility") im Süden des Landes . In Israel baut
die Gesellschaft zudem wichtige "zivile" Anlagen von großer
strategischer Bedeutung (Elektrizitätswerke, Speicher- und
Verteileranlagen für Trinkwasser, Herstellung von Halbleitern usw.).
Zahlreiche Kommando-, Nachrichten- und Telekommunikationszentralen,
Flughafeneinrichtungen und die Militärinfrastruktur werden direkt von
der Muttergesellschaft M+W Zander in Stuttgart errichtet. Allein in den
letzten vier Jahren schloss das Unternehmen mit dem
US-Verteidigungsministerium Verträge über ein Gesamtvolumen von 54 Mio.
USD ab und lieferte insbesondere an die US-Stützpunkte in Deutschland
hochentwickelte Technologie . Rund 80 Mio. USD gingen hingegen an das
US-amerikanische Tochterunternehmen M+W Zander US Operations Inc. Texas
für Arbeiten und Dienstleistungen innerhalb einiger großer Heeres- und
Luftwaffenstützpunkte in den USA (Fort Bragg, Fort Barnwell, Fort
Jackson, Pope AFB und Seymour Johnson AFB in North Carolina), in Island
und noch einmal in Israel. Zwei weitere Tochterfirmen mit Sitz in
Deutschland, die M+W Zander D.I.B. Facility MNGMNT GMBH in Dreieich und
die HGS Zander GMBH Südwest in Mannheim wurden vom Kommando der US-Armee
in Europa unter Vertrag genommen, um in Gambia, einem kleinen Land in
Westafrika, mysteriöse Arbeiten für über 2 Mio. USD, auszuführen. Im
Juni 2006 hatte das US-Verteidigungsministerium paradoxerweise
angekündigt, die Durchführung der Millennium Challenge Corporation
(MCC), eines internationalen Hilfsplans zur Bekämpfung der Armut in
Gambia, für den Washington die Verabschiedung von neoliberistischen
Wirtschaftsmaßnahmen zur Bedingung macht, wegen geringer Fortschritte
der Regierung im Bereich der Menschenrechte und der Pressefreiheit
auszusetzen.
Ein bescheidener Vertrag über 75.715 Dollar (im Jahr 2002) ging
ebenfalls an die Tochtergesellschaft M+Z Zander Italia Srl in Agrate
Brianza für Kontroll- und Umweltmaßnahmen im Marineflughafen Sigonella
(Sizilien), dem Hauptstützpunkt der US-Marine in Europa und im
Mittelmeer. Das Unternehmen ist in Italien insbesondere in der
Energieerzeugung und der Anbringung von Solarmodulen aktiv. Im Jahr 2008
vervollständigte es den Bau einer Solaranlage für 50 Kw in Rieti, und im
Auftrag der ST-Microelectronics in Catania übernahm es die Planung einer
Wiederaufbereitungsanlage für 52 MW.
Veröffentlicht am Montag, 26. Oktober 2009