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Deutsche Unternehmer und Gewalteskalation im Südsudan
   german-foreign-policy.com
   
The Day After
25.03.2010
HAMBURG/BERLIN
(Eigener Bericht) - Am heutigen Donnerstag bereitet der Hamburger Afrika-Verein deutsche Unternehmer auf den Umgang mit einer Gewalteskalation im Südsudan vor. Eine solche Eskalation, wie sie in dem ressourcenreichen Gebiet im Umfeld des Sezessionsreferendums nächstes Jahr erwartet wird, mache "schwierige unternehmerische wie politische Entscheidungen" unumgänglich, erklärt der Afrika-Verein. Hilfestellung soll dabei ein "Planspiel" leisten, in dessen Rahmen die beteiligten Unternehmer bereits jetzt "Strategien, Politiken und Optionen" entwickeln können, um auf die absehbaren Unruhen zu reagieren. Daran, dass die Unruhen drohen, ist Berlin nicht unbeteiligt: Deutschland unterstützt bereits seit Jahren die südsudanesischen Sezessionisten, vorwiegend aus geostrategischen Gründen. Zugleich stützt die Bundesregierung deutsche Firmen bei ihrem Bemühen, an den Ressourcenprofiten im Südsudan zu partizipieren. Das "Planspiel" am heutigen Donnerstag findet an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik statt, einer Einrichtung der Bundeswehr, zu deren Aufgaben die Vernetzung von Militär und Wirtschaft gehört. Deutsche Soldaten sind auch im Südsudan stationiert.
Von Konflikten belastet
Für den heutigen Donnerstag kündigt der Hamburger Afrika-Verein, einer der großen deutschen Außenwirtschaftsverbände, unter dem Motto "The Day After" ein "Planspiel für Unternehmer in Konfliktregionen" an. "Zahlreiche Länder Afrikas mit beachtlichem wirtschaftlichem Potenzial" seien "durch Krisen und Konflikte belastet", heißt es im Einladungsschreiben. Dies berge "ein erhebliches Risiko", "insbesondere im Falle einer Konfliktverschärfung" oder bei "kriegerischen Auseinandersetzungen". Eskaliere die Lage, dann seien recht "schwierige unternehmerische wie politische Entscheidungen" zu treffen.[1] Der Afrika-Verein biete daher jetzt "ein Planspiel über Entscheidungsfindung im Konfliktfall" an. Als "Beispiel" für die Übung dient dem Verband der Südsudan. Dennoch könne die Veranstaltung eine breitere Gültigkeit beanspruchen, heißt es im Einladungsschreiben: "Die Erkenntnisse des eintägigen Workshops lassen sich auf weitere Konfliktfälle anwenden."
Geostrategische Operation
Im Südsudan wird für das kommende Jahr tatsächlich mit schweren Unruhen gerechnet. 2011 soll dort laut einem Abkommen aus dem Jahr 2005 ein Sezessionsreferendum abgehalten werden; Beobachter gehen davon aus, dass der südliche Landesteil sich vom Norden abspalten und einen eigenen Staat mit der Hauptstadt Juba gründen wird. Berlin ist daran alles andere als unbeteiligt. Deutschland unterstützt schon seit Jahren die südsudanesischen Sezessionisten, um den arabisch-islamisch geprägten Norden, der bislang den Staat und die sudanesische Erdölindustrie dominiert, zu entmachten (german-foreign-policy.com berichtete [2]). Stattdessen soll der Südsudan, der gut 80 Prozent des sudanesischen Erdöls produziert und darüber hinaus zahlreiche weitere Rohstoffe besitzt, an die ostafrikanischen Staaten Uganda und Kenia angebunden werden, die recht eng mit dem Westen kooperieren. Die geostrategische Operation zielt darauf ab, den arabischen Islam zu schwächen und gleichzeitig die westlichen Positionen in Afrika gegenüber China zu stärken - die Volksrepublik kooperiert eng mit der sudanesischen Zentralregierung in Khartum.
Netzwerke mit Militärs
Um den machttechnokratischen Reißbrett-Plänen zum Erfolg zu verhelfen, nimmt Berlin erhebliche Risiken in Kauf - die absehbaren Unruhen im Umfeld des Sezessionsreferendums. Weil davon nicht nur die einheimische Bevölkerung, sondern auch deutsche Unternehmer betroffen sind, die sich die südsudanesischen Rohstoffe und die aus ihrem Verkauf fließenden Profite zunutze machen wollen, sehen sich deutsche Stellen nun zum Handeln veranlasst. Der heutige Workshop des Afrika-Vereins ist das Ergebnis davon. Er findet in Zusammenarbeit mit der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) statt, die auch die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Der Ort scheint gut gewählt, zumal die Bundesakademie eine Einrichtung der Bundeswehr ist, unter deren Augen die südsudanesischen Sezessionisten sich zur Zeit unter anderem mit Kampfpanzern vom Typ T-72 bewaffnen.[3] Bereits seit Jahren bemüht sich die BAKS um den Aufbau von Netzwerken aus Militärs, Firmenvertretern und Politikern (german-foreign-policy.com berichtete [4]); der aktuelle Tagesworkshop fügt sich in diese Arbeit ein.
Über Bord geworfen
Das Tagesprogramm besteht nach dem einleitenden Vortrag ("Pulverfass Sudan?") überwiegend aus einem "Planspiel", das von Prof. Dr. Peter Schmidt und Peter I. Trummer geleitet wird. Schmidt ist langjähriger Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), war in den Jahren 2003 und 2004 im Verteidigungsministerium tätig und hat einen Lehrauftrag an der Münchener Universität der Bundeswehr. Gemeinsam mit Trummer führt er seit Jahren "Planspiele" durch, die Kriegs- und Bürgerkriegsszenarien zum Inhalt haben. So "spielten" etwa im Sommer 2007 unter ihrer Leitung 40 Studierende aus Kanada und Deutschland westliche Regierungen und Militärs, die in Darfur zu intervenieren suchen. Der akademische Nachwuchs befahl - stets "im Spiel" - Geiselbefreiungen, zettelte bewaffnete Rebellionen an und lernte einem Bericht zufolge besonders eines: "Sämtliche idealistischen Ziele, die der ein oder andere Teilnehmer glaubte realisieren zu können, wurden im Ansatz erstickt."[5] Mit "Radikalität", heißt es zusammenfassend in dem Bericht, seien "sämtliche normativen Denkmuster über Bord geworfen worden".
Cocktail im Schloss Schönhausen
Das heutige "Planspiel", das vor allem Unternehmer, aber auch Regierungsvertreter und Mitarbeiter sogenannter Nicht-Regierungsorganisationen auf die erwarteten Unruhen im Südsudan vorbereiten soll, geht neuen Fördermaßnahmen für die Südsudan-Expansion deutscher Firmen voraus. Noch in diesem Herbst will der Afrika-Verein eine Unternehmerreise in das Sezessionsgebiet durchführen - um die deutschen Wirtschaftsaktivitäten dort auszuweiten. Kommen deutsche Unternehmen dabei zu erfolgreichen Geschäften, dann geraten ihre Mitarbeiter vor Ort gemeinsam mit schon jetzt dort tätigen Firmenvertretern in die Auseinandersetzungen im Umfeld des Sezessionsreferendums. Das heutige "Planspiel" bereitet sie auf blutige Szenarien vor. Während die Bevölkerung des Südsudan mit solch blutigen Szenarien im nächsten Jahr real zu rechnen hat, geht der aktuelle Workshop um 17.30 laut Programm standesgemäß zu Ende - wie es sich für deutsche Geschäftsleute gehört, mit einem "Cocktail mit anschl. Führung durch Schloss Schönhausen".[6]
[1] "The day after" - Planspiel für Unternehmer in Konfliktregionen, Berlin; www.afrikaverein.de
[2], [3] s. dazu Nächstes Jahr ein neuer Staat
[4] s. dazu Strategic Community und Exklusive Ansprechstellen
[5] Scheitern für den Erfolg; www.e-politik.de 07.08.2007
[6] Informationsblatt der Veranstalter; www.afrikaverein.de
 
Ankündigungen (siehe: Aufrufe und Einladungen)  
  Zur Zeit sind Soldaten der Bundeswehr in folgenden Ländern im Einsatz:

Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Afghanistan, Usbekistan ,Sudan
Horn von Afrika (Djibouti) und vor den Küsten Libanons und Somalias

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Zahlreiche Werbetermine der Bundeswehr findet ihr unter:

www.kehrt-marsch.de

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