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Drohnen


Die Ära der Drohnen (I)

 
23.03.2010
BERLIN
 
(Eigener Bericht) - Die Bundeswehr bereitet sich auf den verstärkten Kriegseinsatz unbemannter Flugkörper ("Drohnen") vor. Damit werde eine "neue Ära" in der Geschichte der deutschen Luftwaffe eingeleitet, heißt es dazu beim Militär. Zur Zeit werden deutsche Soldaten in Israel in der Handhabung der Drohne "Heron" unterrichtet; das "Unmanned Aerial Vehicle" (UAV) soll noch diesen Monat zur "Feindaufklärung" in Afghanistan eingesetzt werden. Im Laufe dieses Jahres sollen die deutschen Streitkräfte außerdem ein unter der Bezeichnung "Euro Hawk" firmierendes UAV aus US-amerikanischer Produktion erhalten; die "Riesendrohne" hat die Ausmaße eines herkömmlichen Kampfjets. UAVs zeichnen sich durch extrem lange Einsatzzeiten von bis zu 45 Stunden aus, können unabhängig von Witterungseinflüssen operieren und liefern Bewegungsbilder in Echtzeit. Alle ursprünglich für Spionageeinsätze entwickelten Drohnen wurden "aufwuchsfähig" konzipiert, das heißt, sie können prinzipiell mit Waffen ausgerüstet werden. Auch die Bundeswehr verfügt mittlerweile über Kampfdrohnen - in Form eines vom Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern vertriebenen "Wirkmittels" zur "abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen". Beim Einsatz von Kampfdrohnen, wie ihn die USA vor allem in Pakistan immer öfter praktizieren, kommt es regelmäßig zu zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung.
Aufspüren, observieren, verfolgen
Wie die Bundeswehr mitteilt, wird sie noch diesen Monat "Unmanned Aerial Vehicles" (UAV) vom Typ "Heron 1" in Afghanistan einsetzen. Die Drohne wurde von der deutschen Waffenschmiede Rheinmetall und dem israelischen Rüstungsunternehmen Israeli Aerospace Industries (IAI) entwickelt; IAI hat auch die Schulung der deutschen Soldaten in der Handhabung des UAV übernommen. "Heron 1" dient nach Angaben des deutschen Militärs ebenso dem "Observieren von Häusern" und der "Verfolgung von Fahrzeugen" wie dem Aufspüren von feindlichen Kämpfern und von diesen präparierten "Sprengfallen".[1] Das vom Boden aus gesteuerte unbemannte Fluggerät operiert annähernd lautlos in einer Höhe von 9.000 Metern und kann bis zu 24 Stunden in der Luft bleiben; es ist damit weit länger einsetzbar als jeder herkömmliche Kampfjet. Die Ausstattung mit verschiedenen optischen Sensoren ermöglicht zudem unabhängig von Tageszeit und Witterungsbedingungen die Übermittlung von Bewegungsbildern in Echtzeit - sowohl an die im Einsatzgebiet befindlichen Bodentruppen als auch an Gefechtsstände in Afghanistan und Deutschland. Für die deutsche Luftwaffe habe damit eine "neue Ära" begonnen, erklärt das für den Betrieb von "Heron 1" verantwortliche "Aufklärungsgeschwader Immelmann".[2]
Ein Meilenstein
Noch in diesem Jahr soll die Bundeswehr außerdem das von dem US-Rüstungskonzern Northrop Grumman und der europäischen Waffenschmiede EADS entwickelte UAV "Euro Hawk" erhalten. Die 430 Millionen Euro teure "Riesendrohne" hat mit einer Tragflächenspannweite von etwa 40 Metern fast die Ausmaße des Luftwaffen-Airbus A310 der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums. Das UAV ist mit modernster Spionagetechnik ("SIGINT", "Signal Intelligence") ausgestattet und kann bis zu 35 Stunden lang in einer Höhe von 19.000 Metern operieren. Es fliegt damit nicht nur weitaus höher und länger als jede herkömmliche Verkehrsmaschine, sondern legt auch größere Distanzen zurück. Die US-Armee setzt die Drohne unter der Bezeichnung "Global Hawk" bereits im Irak und in Afghanistan ein. Der Bundeswehr gilt die Einführung des "Euro Hawk" als waffentechnologischer "Meilenstein".[3]
Punktgenau bekämpfen
Des weiteren verfügt das deutsche Militär seit 2007 über 60 UAVs vom Typ KZO ("Kleinfluggerät Zielortung") aus dem Hause Rheinmetall. Wie das Unternehmen mitteilt, wurde die Drohne zur "Entdeckung, Identifizierung und genauen Lokalisierung" potentieller Angriffsziele entwickelt; aufgrund ihrer "geringe(n) Abmessungen" und einer "speziellen Tarnung in allen Spektralbereichen" sei sie "nahezu unsichtbar".[4] Rheinmetall zufolge kann das "Aufklärungssystem" KZO mit einer Kampfdrohne der israelischen Partnerfirma IAI gekoppelt werden - zur "punktgenaue(n) Bekämpfung stationärer und beweglicher Ziele": "Die Kampfdrohne wird nach erfolgreicher Zielidentifikation durch das Aufklärungssystem eingesetzt, und gemeinsame Bodenstationen sorgen auf der Basis von Aufklärungsbildern/-videos für den kontrollierten Einsatz gegen gepanzerte und ungepanzerte Ziele."[5]
Nur ein Wirkmittel
Das unter der Bezeichnung WABEP ("Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen") firmierende Verbundsystem von Aufklärungs- und Kampfdrohne ist bei der Bundeswehr offenbar bereits seit längerem im Einsatz. Dies geht aus einer Erklärung der Bundesregierung hervor, in der allerdings versucht wird, diesen Umstand zu verschleiern: "Das nicht mehrfach verwendbare Wirksystem zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen (WABEP) ist kein UAV, sondern ein Wirkmittel (Munition), das dem 'Schützen' ermöglicht, bis kurz vor dem Einschlag das Ziel zu beobachten, nachzurichten und notfalls den Angriff abzubrechen."[6]
Luftangriff
Die zitierte Erklärung macht darüber hinaus deutlich, dass sich Berlin die Entwicklung und den Einsatz von Kampfdrohnen ausdrücklich vorbehält. So wurde die Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft (IABG), einer der wichtigsten privaten Dienstleister der Bundeswehr [7], für das kommende Jahr mit der Durchführung einer entsprechenden Studie betraut - Thema: "Wirksamkeit von unbemannten Luftangriffsflugzeugen".[8]
Weitere Informationen zu unbemanntem Kriegsgerät zu Lande und zu Luft finden Sie hier: Killerdrohnen und Kampfmaschinen.
[1] Vom Flugzeugführer zum Operator für unbemannte Luftfahrzeuge; www.luftwaffe.de 08.03.2010
[2] Ein neues Zeitalter beginnt; www.luftwaffe.de 03.03.2010
[3] Vorstellung des ersten Euro Hawk; www.luftwaffe.de 08.10.2009
[4] Aufklärungsdrohne KZO; www.rheinmetall-defence.net
[5] Wabep - Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen; www.rheinmetall-defence.net
[6] Bundestags-Drucksache 16/12481, 26.03.2009
[7] zur IABG s. auch Tarnen und Täuschen
[8] Bundestags-Drucksache 16/12481, 26.03.2009


Die Ära der Drohnen (II)
30.03.2010
BERLIN/WASHINGTON
(Eigener Bericht) - Experten warnen vor schwerwiegenden gesellschaftlichen Auswirkungen des zunehmenden Einsatzes unbemannter Flugkörper ("Kampfdrohnen") im Krieg. Hierdurch sinke die politische Hemmschwelle für militärische Interventionen, da nicht mehr zu befürchten sei, eigene Soldaten bei Gefechten zu verlieren, heißt es. Kritiker warnen zudem, Krieg werde in Zukunft als eine Art Computerspiel erscheinen und von der Bevölkerung der Krieg führenden Länder nicht mehr als bedrohlich, sondern als eine neue Form der Unterhaltung ("Militainment") wahrgenommen. Verwiesen wird auch auf die Gefahr schwerer psychischer Erkrankungen bei denjenigen Militärangehörigen, die Kampfdrohnen teilweise aus einer Entfernung von mehreren tausend Kilometern steuern: Während sie einerseits gezielte Tötungen vornähmen, gingen sie andererseits einem normalen Alltagsleben nach, was zu Realitätsverlust und permanentem Stress führe. Auch sei ein neues Wettrüsten absehbar, da der Einsatz von Drohnen selbst bevölkerungsarmen Staaten mit einer schwachen regulären Armee zu militärischer Macht verhelfe. Diskutiert werden die Perspektiven der Kriegführung mittels "Unmanned Aerial Vehicles" (UAVs) vor allem in den USA. In Deutschland, das sich ebenfalls anschickt, die neuartige Technologie vermehrt im Rahmen von Kampfeinsätzen der Bundeswehr zu nutzen, herrscht hingegen weitgehend Schweigen.
Technologische Revolution
Der US-amerikanische Politologe Peter Singer, Mitarbeiter des einflussreichen Washingtoner Think-Tanks "Brookings Institution", bezeichnet die Kriegführung mittels Kampfdrohnen als "technologische Revolution". Verfügte das US-Militär zu Anfang dieses Jahrtausends lediglich über einige wenige "Unmanned Aerial Vehicles" (UAVs), seien heute bei den Kriegen in Afghanistan und im Irak mehr als 7.000 der "intelligenten" Maschinen im permanenten Einsatz. Die Bandbreite reiche von bewaffneten Killerdrohnen in der Größe eines Kampfjets ("Predator") bis zu "Mikrosystemen", die ein einzelner Soldat in einem Rucksack transportieren könne, schreibt Singer. Seiner Auffassung nach wirft die starke Ausweitung des Einsatzes von UAVs schwerwiegende Fragen auf - insbesondere nach den Konsequenzen für die Gesellschaften der Krieg führenden Nationen.[1]
Keine Hemmschwelle mehr
Singer zufolge führten UAVs allein im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet bisher mehr als 80 Luftangriffe durch - und damit mehr als Kampfjets während des NATO-Krieges gegen Jugoslawien 1999. Allerdings würden die Drohnen-Attacken von der US-amerikanischen Öffentlichkeit nicht als Krieg wahrgenommen, da sie nicht mit einer Gefahr für das Leben der eigenen Soldaten einhergingen, erklärt Singer. Sei Krieg einstmals "eine sehr ernste Entscheidung für eine Gesellschaft" gewesen, da sie beinhaltete, Menschen an die Front und damit unter Umständen in den Tod zu schicken, lägen heute die politischen "Hemmschwellen des Krieges" durch den Einsatz von UAVs "ganz am Boden".[2]
Militainment
Die beschriebene Entwicklung wird laut Singer noch dadurch verschärft, dass Drohnen gestochen scharfe Videobilder über ihre mörderischen Einsätze liefern; diese sind nicht selten im Internet zu sehen. Krieg erscheine dadurch zunehmend als Spiel und als neue Form der Unterhaltung ("Militainment"). Diesen Umstand nutzen die US-Streitkräfte bereits für sich: Das von einem Armee-Institut entwickelte Computerspiel "America's Army", dem die Kriege in Afghanistan und im Irak als Szenarien zugrunde liegen, dient bereits seit 2002 sowohl der Rekrutierung als auch der Ausbildung von Soldaten. Nach Angaben des Massachusetts Institute of Technology (MIT) vermittelt "America’s Army" einem Drittel der US-Amerikaner zwischen 16 und 24 Jahren einen "positiven Eindruck" vom Militär; das Spiel habe damit mehr Einfluss auf die Anwerbung neuer Soldaten als alle anderen Rekrutierungsmaßnahmen zusammen. Hinzu komme eine gewaltige finanzielle Ersparnis für die Truppe, heißt es: Während die Entwicklung von "America’s Army" nur 3,3 Millionen US-Dollar gekostet habe, sei für Werbeaktionen aller Art ein Budget von 8 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Ähnlich verhält es sich in Bezug auf die Ausbildung von Soldaten. Allein die analog einem Computerspiel erfolgende Simulation von Raketenabschüssen führe zu einer jährlichen Ersparnis von 33 Millionen US-Dollar, erklärt die US-Kriegsmarine.[3]
Psycho-Stress
Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Soldaten, die den Krieg wie ein Computerspiel führen, zunehmend unter schweren seelischen Erkrankungen leiden. Die sogenannten "Operators", die die Angriffe von Killerdrohnen teilweise über eine Distanz von mehreren tausend Kilometern hinweg steuern, können am Bildschirm die Folgen ihrer Handlungen sehr genau mitverfolgen - und empfinden entsprechenden psychischen Stress. Dieser wird noch dadurch verstärkt, dass sie ansonsten einem gewöhnlichen Alltagsleben nachgehen. Peter Singer schildert diesen Umstand plastisch: "Du ziehst für eine Stunde in den Krieg, dann fährst du nach Hause, und innerhalb von zwei Minuten sitzt du am Essenstisch und hilfst deinen Kindern bei den Hausaufgaben." Völlige "emotionale Erschöpfung" und "familiäre Spannungen" seien die Folge.[4]
Wettrüsten
Zugleich warnt Singer vor den Gefahren eines neuen Wettrüstens, da der Einsatz von Drohnen selbst bevölkerungsarmen Staaten mit einer schwachen regulären Armee zu militärischer Macht verhelfe. Als Beispiel nennt der Wissenschaftler die eng mit Deutschland liierten Vereinigten Arabischen Emirate (VAE); den dortigen Militärs gälten UAVs längst als "integraler Bestandteil effizienter Streitkräfte" ("integral part of any efficient combat force"). Mittlerweile produzieren die VAE Kampfdrohnen nicht mehr nur für den Eigenbedarf - sie planen, diese in Kürze auch zu exportieren.[5]
Ohne Diskussion
In den Vereinigten Staaten findet inzwischen eine Debatte über die ernsten gesellschaftlichen Folgen des Einsatzes von Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) im Krieg statt. Die Bundeswehr hat mittlerweile ebenfalls begonnen, sich mit Kampfrobotern aller Art auszurüsten (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Das deutsch-israelische UAV "Heron 1" wird seit kurzem in Afghanistan eingesetzt, zunächst nur zur militärischen Aufklärung. Die Bundeswehr behält sich jedoch die Nutzung bewaffneter UAVs ausdrücklich vor. Auch in Deutschland hat die Ära der Drohnen damit begonnen - allerdings ohne Diskussion.
[1] Peter Singer: War of the Robots - All Too Real Questions We Have to Ask; www.brookings.edu 08.01.2010
[2] "Sie nennen es Kriegsporno". Interview mit Peter Singer; Spiegel Online 11.03.2010
[3] Peter Singer: Meet the Sims ... and Shoot Them; www.brookings.edu März 2010
[4] "Sie nennen es Kriegsporno". Interview mit Peter Singer; Spiegel Online 11.03.2010
[5] A Revolution Once More: Unmanned Systems and the Middle East; www.brookings.edu November 2009
[6] s. dazu Kampfmaschinen und Die Ära der Drohnen (I)
 
Ankündigungen (siehe: Aufrufe und Einladungen)  
  Zur Zeit sind Soldaten der Bundeswehr in folgenden Ländern im Einsatz:

Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Afghanistan, Usbekistan ,Sudan
Horn von Afrika (Djibouti) und vor den Küsten Libanons und Somalias

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Zahlreiche Werbetermine der Bundeswehr findet ihr unter:

www.kehrt-marsch.de

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