Zu wenig Mitgefühl in der Bevölkerung mit den Opfern der Soldaten:
Psychische Belastungen in der Bundeswehr nehmen zu
16.03.2010 - www.tagesschau.de/inland/wehrbericht104.html
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, hat seinen Jahresbericht Bundestagspräsident Lammert überreicht. Demnach hat die Zahl von Bundeswehr-Soldaten zugenommen, die wegen des Afghanistan-Einsatzes unter schweren psychischen Belastungen leiden. Im vergangenen Jahr wurden 466 Soldaten wegen posttraumatischer Belastungsstörungen behandelt. Damit habe sich die Anzahl der Erkrankten im Vergleich zu 2008 fast verdoppelt, schreibt Robbe in seinem Bericht.
Der Wehrbeauftragte des Bundestages Reinhold Robbe
Der Wehrbeauftragte führt zwei Gründe für den Anstieg der Zahlen an: Zum einen seien mehr Soldaten als früher im Einsatz. Zum anderen herrschten in Afghanistan, vor allem im Raum Kundus, kriegsähnliche Verhältnisse. Nach wie vor ungeklärt sei die Dunkelziffer psychisch erkrankter Soldaten.
"Nach meinen Erkenntnissen werden in der Truppe psychische Erkrankungen nach wie vor als stigmatisierend empfunden und von den Betroffenen insbesondere aus Angst vor persönlichen Nachteilen nicht offenbart", unterstreicht Robbe in dem Bericht.
Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen beklagt
Des Weiteren klagen seinen Angaben zufolge Soldatinnen über sexuelle Belästigung und frauenfeindliche Einstellungen. "Leider bleiben Vorfälle, die antiquierte und mit Vorurteilen belastete Anschauungen offenbaren, nach wie vor nicht aus", schreibt Robbe. Im vergangenen Jahr leisteten durchschnittlich 16.495 Frauen bei der Bundeswehr ihren Dienst.
Robbe erhielt nach eigenen Angaben erneut Zuschriften, in denen es auch um Diskriminierung von Soldaten wegen Homosexualität ging. "Auch wenn nach nunmehr geltender Rechtslage jede Benachteiligung von homosexuellen Soldatinnen und Soldaten untersagt ist, kann eine faktische Benachteiligung nicht absolut ausgeschlossen werden", so der Wehrbeauftragte.
Zu wenig geschützte Fahrzeuge in Afghanistan
Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan beschweren sich über Mängel bei ihrer Ausrüstung. Sie rügen unter anderem, dass es zu wenig geschützte Fahrzeuge gebe. "Die ohnehin angespannte Situation verschärft sich, sobald Fahrzeuge nach Unfällen oder Anschlägen ausfielen, weil für diese Fahrzeuge kein Ersatz verfügbar war", heißt es in Robbes Bericht.
Das Bombardement zweier Tanklaster bei Kundus im vergangenen September wirkte sich laut Robbe erheblich auf alle Ebenen der Bundeswehr aus. In seinem Jahresbericht schreibt der SPD-Politiker, es gebe in der Truppe viel Unterstützung für den Bundeswehroberst Georg Klein, der den Angriff befohlen hatte. In den Streitkräften habe er "keine einzige Stimme" vernehmen können, die sich nicht mit Klein solidarisch gezeigt habe, schreibt Robbe.
Die Reaktionen hätten von menschlicher Sympathie für Klein über Verständnis für eine schwierige und folgenreiche Entscheidung bis hin zu Respekt für einen damals notwendig erscheinenden Schritt gereicht.
- Reinhold Robbe im Gespräch mit Werner Sonne, ARD-Morgenmagazin:
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Robbe plädiert für stärkeren Rückhalt der Bundeswehr
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, legt heute seinen Jahresbericht vor. Im ARD-Morgenmagazin kritisierte der SPD-Politiker, dass die Sicherheit in der Bundeswehr "nicht optimal" sei. Zugleich plädierte er für einen stärkeren Rückhalt für die Soldaten in der Bevölkerung.
Viele Angehörige der Bundeswehr würden darunter leiden, von ihren Mitbürgern zu wenig Mitgefühl zu erfahren. Langfristig könnten Soldaten nur dann vernünftig ihren Dienst tun, wenn sie moralisch unterstützt würden.
"Was mir Sorgen bereitet, das sind Strukturprobleme in der Bundeswehr", sagte er und bemängelte, dass seit Gründung der Bundeswehr Planungsgrundlagen bezüglich Personal und Material im Grunde nicht geändert worden seien.
Robbe: 600 Militär-Ärzte fehlen
Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung kritisiert der SPD-Politiker in dem Jahresbericht das Sanitätswesen der Bundeswehr. Insgesamt fehlten 600 Militär-Ärzte. "Der Inspekteur ist seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen", sagte Robbe dem Blatt.
Mehr als 120 Ärzte hätten gekündigt. Der Wehrbeauftragte werde außerdem das Fehlen von geschützten Fahrzeugen, Maschinengewehren, Transportflugzeugen und Hubschraubern bemängeln, berichtete das Blatt. Für den optimalen Schutz der Bundeswehr-Soldaten dürfe aber fehlendes Geld kein Argument sein, sagte Robbe.
SPD-Politiker scheidet im Mai aus dem Amt
Im Wehrbericht fasst der Wehrbeauftragte Beschwerden von Soldaten sowie selbst gewonnene Erkenntnisse zum Zustand der Bundeswehr zusammen. Es ist der letzte Bericht des SPD-Politikers als Wehrbeauftragter. Seine fünfjährige Amtszeit läuft im Mai aus. Als Nachfolger ist der FDP-Politiker Hellmut Königshaus nominiert.
Siehe: auch Robbe zum Fall Jürgen Rose