www.tagesschau.de - 22.02.2010:
Austausch auch nach Massaker in Guinea
Bundeswehr bildet weiter Junta-Offiziere aus
Die Bundeswehr bildet noch immer Offiziere aus Guinea in Deutschland aus - auch nach einem Massaker, das die Machthaber vor einigen Monaten befohlen hatten und das die Bundesregierung damals verurteilt hatte. Nach Informationen des ARD-Magazins "Fakt" befinden sich noch immer acht Soldaten aus dem westafrikanischen Land in Deutschland. Das Auswärtige Amt koordiniere den Austausch. Deren Sprecher hatte nach dem Massaker erklärt, die Bundesregierung fordere eine rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse und eine Bestrafung der Schuldigen.
Bereits vor Jahren wurden mehrere Anführer der guineischen Militärdiktatur in Deutschland von der Bundeswehr geschult. Der Chef der Junta, der Finanzminister, der Sicherheitsminister – alle in Deutschland militärisch ausgebildet. Hauptmann Moussa Dadis Camara, Kopf der Diktatur, brüstet sich selbst gerne damit: "Ich habe in Deutschland meine Grundausbildung gemacht. Gruppenführer, Zugführer, bis zum Fallschirmspringer-Lehrgang."
Ermittlungen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Für die Vereinten Nationen gilt dieser Mann als Hauptverantwortlicher für das Massaker, bei dem im September 2009 mindestens 156 Menschen umgebracht wurden. Die stellvertretende Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs, Fatou Bensouda, sieht den Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit bestätigt. Nach einem Besuch in Guinea sagte sie, die Ermittlungen gegen die verantwortlichen Militärs würden fortgesetzt.
Nach Informationen von "Fakt" läuft die Militärkooperation mit Guinea mindestens bis zum Jahr 2011 weiter. Heinz-Dieter Jopp, der ehemalige Chef der Strategieabteilung der Bundeswehr-Führungsakademie, hält das für untragbar. "Man ist aufgrund der bekannten politischen Vorgänge in Guinea gut beraten, wenn man diese Leute nach Hause schickt und die Ausbildung abbricht", sagte Jopp.
Guinea - Armut trotz Bodenschätzen:
Korruption und Misswirtschaft haben Guinea zu einem der ärmsten Länder Afrikas gemacht. Der sozialistische Diktator Sekou Touré führte die Republik nach der Unabhängigkeit von Frankreich 1958 in die politische Isolation und den wirtschaftlichen Ruin. 1984 putschte sich Lansana Conté an die Macht und regierte lange mit harter Hand. Später ließ er sich in Wahlen bestätigen. Nach seinem Tod im vergangenen Dezember übernahm eine Militärjunta die Macht.
Menschenrechtsgruppen beklagen seitdem zunehmende Übergriffe und Plünderungen. Das Land an der Atlantikküste ist mit knapp 246.000 Quadratkilometern so groß wie Großbritannien. Die Nutzung riesiger Bauxit-Vorkommen und anderer Mineralien kommt nur schleppend voran. Guinea hat 9,8 Millionen Einwohner, 90 Prozent sind Muslime. Die Hauptstadt Conakry galt einst als das Paris Afrikas. Heute leben rund 40 Prozent der Guineer unterhalb der Armutsgrenze.
Die Sendung "Fakt" sehen Sie heute Abend ( 22.02.2010 - d.RED) um 21:45 Uhr im Ersten.
Stand: 22.02.2010 11:14 Uhr
Soldaten richten Blutbad in Guinea an
Demonstration der Opposition niedergeschlagen
Militärregierung richtet Blutbad in Guinea an
Durch das brutale Vorgehen der Armee gegen eine verbotene Kundgebung von Oppositionellen im westafrikanischen Guinea sind nach Informationen der britischen BBC mindestens 120 Menschen getötet worden. Zuvor war von mindestens 80 Toten die Rede gewesen. Offizielle Zahlen über die Toten und Verletzten liegen nicht vor. Die Demonstration von rund 50.000 Menschen in der Stadt Conakry hatte sich gegen Junta-Chef Moussa Dadis Camara und dessen Streben nach dem Präsidentenamt gerichtet.
Mehr als 1200 Verletzte?
Augenzeugen berichteten der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, dass Soldaten Frauen vergewaltigt hätten. Demonstranten sollen mit Bajonetten und Messern erstochen worden sein. Zudem seien vermutlich mehr als 1250 Menschen verletzt worden, sagte der Leiter der Human Rights Organisation, Thierno Maadjou Sow, unter Berufung auf Krankenhausangaben.
"Wie ein Schlachthaus"
Der britische Rundfunksender BBC berichtete, die Sicherheitskräfte seien mit scharfer Munition, Tränengas und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vorgegangen, die gegen die Militärjunta protestierten. Ein Zeuge sagte, eine Polizeistation und mehrere Polizeifahrzeuge seien in Flammen aufgegangen. In den Krankenhäusern Conakrys wurden zahlreiche Verletzte mit Schusswunden behandelt. Seine Notfallstation sehe aus wie ein "Schlachthaus", sagte ein Krankenhausarzt.
Oppositionspolitiker inhaftiert
[Bildunterschrift: Oppositionsführer Cellou Diallo, der Leiter der Union der Demokratischen Kräfte von Guinea, wurde verhaftet. (Archivfoto) ]
"Sie haben direkt auf die Menschen geschossen. Sie haben versucht, uns zu töten", sagte der ehemalige Ministerpräsident Sidya Toure, der selbst durch Schüsse verletzt wurde, der BBC. Mindestens zwei Oppositionsführer, unter ihnen Cellou Diallo, der Leiter der Union der Demokratischen Kräfte von Guinea, wurden verhaftet.
Militärmachthaber Camara räumte ein, dass Sicherheitskräfte bei dem Einsatz gegen die Demonstranten vereinzelt die Kontrolle über das Geschehen verloren hätten. Er bestritt jedoch, dass es zu Vergewaltigungen gekommen sei.
Internationaler Protest
International gibt es Protest gegen das Vorgehen der Militärs in Guinea. Die Bundesregierung verurteilte die blutige Niederschlagung der Demonstration scharf. "Wir fordern die rückhaltlose Aufklärung der Ereignisse sowie eine Bestrafung der Schuldigen", verlangte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner. Die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS verurteilte die Niederschlagung ebenfalls scharf. Militärherrschaft sei keine Lösung für die Probleme Afrikas, betonte Abdelfatau Musah, politischer Direktor von ECOWAS. Musah forderte, die Soldaten in Conakry müssten umgehend in ihre Kasernen zurückkehren.
Die Militärregierung, die im Dezember vergangenen Jahres in einem unblutigen Putsch an die Macht gekommen war, müsse außerdem klarstellen, dass er nicht bei den Wahlen im kommenden Januar kandidieren werde.
Guinea - Armut trotz Bodenschätzen:
Korruption und Misswirtschaft haben Guinea zu einem der ärmsten Länder Afrikas gemacht. Der sozialistische Diktator Sekou Touré führte die Republik nach der Unabhängigkeit von Frankreich 1958 in die politische Isolation und den wirtschaftlichen Ruin. 1984 putschte sich Lansana Conté an die Macht und regierte lange mit harter Hand. Später ließ er sich in Wahlen bestätigen. Nach seinem Tod im vergangenen Dezember übernahm eine Militärjunta die Macht.
Menschenrechtsgruppen beklagen seitdem zunehmende Übergriffe und Plünderungen. Das Land an der Atlantikküste ist mit knapp 246.000 Quadratkilometern so groß wie Großbritannien. Die Nutzung riesiger Bauxit-Vorkommen und anderer Mineralien kommt nur schleppend voran. Guinea hat 9,8 Millionen Einwohner, 90 Prozent sind Muslime. Die Hauptstadt Conakry galt einst als das Paris Afrikas. Heute leben rund 40 Prozent der Guineer unterhalb der Armutsgrenze.
Stand: 29.09.2009 15:42 Uhr
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