Höher, schneller, weiter
Renaissance der Atomenergie
Andere Firmenchronik
Bombengeschäft
Staudämme
Die Philosophie des Siemens-Konzerns basiert auf einem Technologieverständnis, mit dem in blinden Glauben an die Allmacht des technischen Fortschritts, der Betrieb von Hochtechnologien gerechtfertigt wird. Notfalls wird auch das Leben von Menschen dem Profit geopfert und natürliche Lebensgrundlagen werden zerstört. Dafür ist die Beteiligung im nuklearen Geschäft nur ein Beispiel.
Siemens ist da natürlich nicht der einzigste zu nennende Konzern und letztendlich werden sowohl technischer Machbarkeitswahn als auch der lineare Entwicklungsbegriff (alles soll und muß größer, höher und weiter werden) vom Großteil der Menschen in diesem Land geteilt. Trotzdem tut sich gerade Siemens immer wieder hervor, wenn es darum geht zu suggerieren, dass die stets komplexer werdenden Probleme durch Experten nur technisch zu lösen seien. So verwundert es nicht, dass sich Siemens bei der Planung, beim Bau und der inhaltlichen Ausgestaltung der EXPO 2000 besonders hervortat. Siemens übernahm z.B. den Ausbau des Flughafens, die Straßenbahnwagen, die Telematik für das Expo-Gelände und die Errichtung des Deutschen Pavillons. Darüber hinaus kaufte sich Siemens als sogenannter World Partner der EXPO ein. Der Konzern erwarb damit das Exklusivrecht , die gesamten Computersysteme und Telekommunikationsnetze der Weltausstellung zu installieren. Was Siemens selbst auf der EXPO will, liest sich so: “Am Anfang des dritten Jahrtausends gilt es ökonomisch sinnvoll und ökologisch vertretbar die Probleme unserer endlichen Welt zu lösen. Auch die Verbesserung der Technikakzeptanz in der Gesellschaft durch interessante Problemlösungen kommt einem Technologieunternehmen zugute.“ Siemens ist in vier von insgesamt neun Arbeitsgruppen vertreten, in denen die Themenparks vorbereitet werden. In den Bereichen Energie, Kommunikation, Mobilität und Gesundheit wird Siemens eine große Bandbreite von Technologien vorstellen. Einerseits wird der Konzern menschenverachtende Technologien wie Atomkraft propagieren, andererseits wird er aber auch die Solarenergie präsentieren. So gelingt es, sich als Garant des technischen Fortschritts darzustellen und sich gleichzeitig die Maske der Nachhaltigkeit und der ökologischen Verantwortung aufzusetzen.
Als einer der größten weltweit operierenden Konzerne mit einem Jahresumsatz von über 100 Milliarden DM und seiner Beteiligung an diversen anderen Konzernen spricht Siemens natürlich der Neoliberalisierung der Marktwirtschaft das Wort. So war sich Walter Schusser als Konzernbeauftragter der Siemens AG für die EXPO 2000 in dem Film „Alles im Griff - EXPO 2000 und Nachhaltigkeit“ der Anti EXPO AG (Hannover) nicht zu schade zu erklären: „Man kann sich der Globalisierung nicht entziehen. Sie hat fast den Charakter eines Naturgesetzes. Man muß seine Chancen nutzen. Man muß damit leben, wie mit anderen Naturgesetzen.“
Siemens steht auch für die Konsumgesellschaft, in der Bedürfnisse künstlich geschaffen werden. Lohnarbeit muß geleistet werden, um diese Dinge herzustellen und erwerben zu können. Ohne endgültig bestimmen zu wollen, welche Bedürfnisse nun „echt“ sind und welche nicht, wenden wir uns gegen die Ersatzbefriedigung durch die schöne bunte Warenwelt und ein gesellschaftliches Prinzip, welches Menschen nach ihrem Geldbeutel oder ihrer Verwertbarkeit im kapitalistischen System bewertet. Die Konzernleitung war sich über diese Mechanismen durchaus im Klaren. Bereits 1865 stellte Werner von Siemens fest: „Der bedürfnislose Mensch ist jeder Kulturentwicklung feindlich; erst wenn Bedürfnisse in ihm erweckt sind und er an Arbeit für ihre Befriedigung gewöhnt ist, bildet er ein dankbares Subjekt.“ z.B. für elektrische Dosenöffner...
Die Rennaissance der Atomenergie
Siemens war von Anfang an maßgeblich am Aufbau des Atomprogramms der BRD beteiligt. Alle neueren AKW’s hierzulande außer Mühlheim-Kärlich wurden vom 100 %igen Tochterunternehmen KWU entwickelt und gebaut. KWU lieferte auch AKW’s nach Holland, Spanien, Argentinien, Brasilien, Iran und Österreich. Auch heute noch ist Siemens ein zentraler Spieler im atomaren Poker um Macht und Geld.
Die Fertigstellung des slowakischen AKW Mochovce (welches nebenbei in einem Gebiet liegt, in welchem es schon öfter zu Erdbeben kam) ist für Siemens wohl bloß das Einfallstor zur Aufrüstung von weiteren maroden Atomkraftwerken in Mittel und Osteuropa. So exportiert Siemens AKW-Technik in die Türkei, Ungarn, Bulgarien, Weißrußland, Tschechien und Litauen. Weiterhin erhielt Siemens 1996 den Auftrag, für den in Bau befindlichen Atomkraftwerksblock Rowno-4 Komponenten der digitalen Sicherheitsleittechnik Teleperm XS zu liefern und erwartet Aufträge für die Fertigstellung des ukrainischen Atomkraftwerkblocks Khmelnitzki-2. Perfiderweise werden gerade die Ängste vor einem zweiten Tschernobyl benutzt, um einen Ausstieg aus der Atomenergie zu verhindern. Während in Deutschland die gesellschaftliche Akzeptanz der Atomenergienutzung immer weiter abnimmt, wird der Weiterbetrieb der genannten Reaktoren in Osteuropa auf Jahre gesichert. Für die Rückzahlung der gewährten Kredite ist es sehr wahrscheinlich, dass wie schon für Mochovce Atomstromlieferungen nach Deutschland eingeplant werden. Eine Stromleitung für den Export des Atomstroms aus Osteuropa (Ignalina, Litauen) ist bereits unter Beteiligung von Siemens und vier weiterer Firmen im Bau.
Der interministrielle Ausschuß der rot-grünen Bundesregierung genehmigte Mitte März 2000 Hermesbürgschaften für Lieferungen von Sicherheitsleittechnik für den Neubau !! des AKW Lianyungang in China und die Nachrüstung der AKW Atucha I in Argentinien und Ignalina in Litauen. Diese Bürgschaften sichern Lieferungen deutscher Firmen ins Ausland gegen Risiken ab. Jedesmal mit dabei - der Siemens-Konzern. Für den Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage exportiert Siemens wesentliche Anlagenteile der Brennelementefabrik Hanau nach Russland. Die Brennelementefertigung Hanau ist in Deutschland nie in Betrieb gegangen- wegen Sicherheitsmängeln. Ein weltweites Endlager für atomaren Müll in Russland ist bereits in der Diskussion. Bereits jetzt wird Uran, welches bei der Wiederaufarbeitung deutschen Atommülls in Frankreich entsteht, in Elektrostal (Russland) unter siemensianischer Aufsicht zu neuen Brennstäben verarbeitet. So lässt sich ein nationaler Ausstieg in Deutschland allemal aushalten, eben auf Kosten der Menschen in den von der "Modernisierung" betroffenen Ländern.
Aber auch in Deutschland kann Siemens die Hände von der Weiterentwicklung des Atomprogramms nicht lassen. Die Advanced Nuclear Fuels (ANF) produziert als 100ige Siemenstochter in Lingen Brennstäbe für den weltweiten AKW-Betrieb. Zusammen mit der französischen Framatome hat Siemens die „neue Generation“ von EPR-Reaktoren entwickelt, die in Viereth bei Bamberg und Greifswald entstehen sollen. Da kam die am 16. Juli 1997 verabschiedete Novellierung des Atomgesetzes gerade recht. Diese bietet die Möglichkeit des standortunabhängigen Genehmigungsverfahrens, auf das teure und langfristige Gerichtsverhandlungen der nuklearen Expansion nicht länger im Weg stehen.
Im Juni 1997 fand in Greifswald die Grundsteinlegung für den von Siemens entwickelten Fusionsforschungsreaktor „Wendelstein 7X“ statt. Es handelt sich dabei um den ersten Reaktorneubau seit Tschernobyl.
Mehr über Siemens im Atomgeschäft unter www.siemens-boykott.de
Die etwas andere Firmenchronik
Anfang der 30er Jahre unterstützte Siemens die Nazis mit großzügigen Spenden, Mitglieder des Firmenvorstandes waren im „Freundeskreis der NSDAP“ aktiv. Als die Machtübergabe an die Nazis in greifbare Nähe rückte, gab der Konzern seine bislang eher abwartende Haltung auf und stellte sich klar auf deren Seite. Dafür wurde Carl Friedrich von Siemens dann auch nach der Machtübernahme der NSDAP im Februar 1933 in den Generalrat der deutschen Wirtschaft berufen. An der militärischen Hochrüstung in den Jahren 1933/34 war Siemens ebenfalls in führender Position beteiligt. Seit 1940 mußten jüdische Zwangsarbeiterinnen in den Siemens-Werken schuften, 1942 ließ Siemens beim Frauen-KZ Ravensbrück ein eigenes Werk errichten. Im Jahre 1944 bestand die Belegschaft des Siemenskonzerns von 250 000 ArbeiterInnen zu einem Drittel aus ZwangsarbeiterInnen. Entgegen der offiziellen Darstellungen des Konzerns waren die auszuführenden Arbeiten nach Berichten der Überlebenden schwer und es gab häufig Unfälle. Waren Häftlinge verletzt oder krank, so schickte man sie ins Lager zurück und Siemens konnte erneut Auswahl unter jungen Häftlingen treffen, die neu ins Lager gekommen waren. Überall dort, wo die Wehrmacht hinkam, war auch die Siemens-Bau-Union. In deren Bergwerken in Südeuropa, zum Beispiel in Bor (Serbien) ist eine unbekannte Anzahl von Menschen „durch Arbeit vernichtet“ wurden. An dieser Schuld ändern weder die lächerlichen Summen die in den 60er Jahren an 2203 jüdische Überlebende (von 6000 gestellten Anträgen) gezahlt wurden, noch der aktuelle Beitritt von Siemens zu einer Stiftung zur Entschädigung der NS-ZwangsarbeiterInnen (20 Mio. DM) etwas. In Anbetracht der Tatsache, daß deutsche Täter aus Waffen-SS und Wehrmacht ihr Leben lang Renten bezogen oder noch beziehen (jährl. 13 Milliarden DM), erscheinen die Einmalzahlungen, die im wesentlichen zwischen 5000 und 15000 DM liegen werden, als eine Verhöhnung der Opfer.Die aktive Rolle von Firmen wie Siemens zu benennen, deren heutige Macht und Größe zu einem nicht unwesentlichen Teil auf der Vernichtung von Menschen durch Arbeit sowie der Kriegstreiberei im Faschismus beruht, ist keinesfalls Schnee von gestern. Bei Siemens scheint kein wirklicher ideologischer Bruch mit der Vergangenheit stattgefunden zu haben. Die 1958 gegründete Carl-Friedrich-von Siemens-Stiftung trägt noch immer den Namen des Familienmitgliedes, welches den Konzern während des Nationalsozialismus leitete. So verwundert es nicht, daß die Stiftung inhaltlich durch Armin Mohler geprägt wurde, welcher ein zentraler Theoretiker der sogenannten „Neuen Rechten“ ist. Die Carl-Friedrich-von Siemens-Stiftung muß somit als rechte Denkfabrik bezeichnet werden. Weitere Infos:
http://ourworld.compuserve.com/homepages/Critical_Shareholders/siemenshist.htm
Das Bombengeschäft
Eine lange Tradition hat Siemens unter anderem als Rüstungskonzern. 1848 stellte Siemens die ersten unterseeischen Minen mit elektrischer Zündung her. Aus beiden Weltkriegen ging der Konzern gestärkt hervor. Heute gehört Siemens zu den weltweit größten Lieferanten für Waffenelektronik und ist z.B. zusammen mit der Daimler-Tochter DASA an Entwicklung und Bau der neuen NATO-Flugabwehrrakete MEDAS beteiligt, die ab dem Jahre 2005 zum Einsatz kommen soll. Auch ist Siemens für Konzeption, Systembereitstellung und Service für die Elektronik der im Golfkrieg eingesetzten „Patriot“ verantwortlich.
Federführend ist Siemens beim Bau des FRM II Reaktors in Garching bei München. Dieser Forschungsreaktor wird mit hochangereichertem Uran (HEU) betrieben und ermöglicht der BRD den Bau von Atomwaffen. Plutonium lagert schon lange in der Brennelementefabrik in Hanau und entsteht bei der „Wiederaufarbeitung“ stets aufs Neue. Trägersysteme wurden und werden beständig weiterentwickelt und technisches Know-How ist durch Atomforschung und Reaktorbetrieb zur Genüge vorhanden. Die BRD kann so trotz des 1969 unterzeichneten Atomwaffensperrvertrages an der Weiterentwicklung von Kernwaffentechnologie forschen, ohne ausdrücklich gegen diesen zu verstoßen. Die Trennung von „ziviler“ und militärischer Nutzung ändert nichts an der Option auf den Bombenbau und ist damit Augenwischerei.
Angesichts des völkerrechtswidrigen Bundeswehreinsatzes im Kosovo und weiterer zu erwartender Kampfeinsätze der Bundeswehr, dem Drängen der BRD nach einem Sitz im UN-Sicherheitsrat, nach der Stärkung der WEU als militärischem Standbein Europas und „Schnellen Eingreiftruppen“ wird klar, wohin die Reise geht: Die BRD will auch militärisch wieder eine Weltmacht werden. In diesem Zusammenhang bekommt die Zugriffsmöglichkeit auf die Atombombe eine ganz andere Bedeutung.
Staudämme – Vertreibung von Mensch und Zerstörung von Natur Beteiligt ist Siemens auch am Bau des 3-Schluchten-Staudamms am Jangtse in China, für den bis zu 1,8 Millionen Menschen umgesiedelt werden müssen. Ganz zu schweigen von den Folgen für die Tier und Pflanzenwelt.
Ein anderes Staudammprojekt für das Siemens Turbinen und Generatoren liefert, ist der Maheshwar Staudamm am Narmada-Fluß in der Region Madhya Pradesh in Indien. 5000 Hektar fruchtbares Ackerland sollen überflutet werden, 61 Dörfer (20 000 Menschen) müssten umgesiedelt werden. Zudem ist der Narmada-Fluß für die ansässigen BäuerInnen eine Göttin. Landflächen die als Umsiedlungsstandorte aufgeführt werden, liegen in der Überflutungszone des Damms oder es handelt sich um trockenes qualitativ schlechtes Land.
1998 besetzten 20 000 BäuerInnen die Baustelle des Staudamms und konnten einen zweimonatigen Baustopp erreichen, wurden dann aber brutal geräumt. 1999 gab es einen mehrwöchigen Hungerstreik von Anti-Staudamm-AktivistInnen.
VEW und Bayernwerk haben sich bereits aus dem Projekt zurückgezogen. Jetzt geht es darum, dass Siemens und die HypoVereinsbank dasselbe tun. Siemens-Sprecher Mark Derbacher erklärte dagegen zu den Protesten, dass in Indien „der ein oder andere protestiert“ sei normal und kein Grund das Projekt aufzugeben.
Weitere Infos: http://www.narmada.org
und
http://www.freespeech.org/inter/namada/