Emotional begeistern
Wie das Berliner Meinungs- und Marktforschungsinstitut "trendence" mitteilt, zählt es neben dem Auswärtigen Amt sowohl die Bundeswehr als auch den Bundesnachrichtendienst (BND) zu seinen Kunden. Nach eigenen Angaben entwickelt die Einrichtung "Konzepte und Strategien", die im Rahmen der Personalwerbung "operativ einsetzbar" seien. Es gelte, "gezielt Einfluss auf Auswahlentscheidungen (...) zu nehmen". Um "begehrte" Stellenbewerber zu erreichen, empfiehlt trendence die Erarbeitung von Propagandabotschaften, die die gewünschten Zielgruppen "rational und emotional (...) begeistern".[1] Umgekehrt offeriert das Institut seinen Kunden statistische "Messinstrumente", die ihnen die Überprüfung ermöglichen sollen, ob die von ihnen eingesetzten "Kommunikationsbemühungen die gewünschte Wirkung erzielen".[2]
Berufsziel Spion
Grundlage der von trendence entwickelten Rekrutierungsstrategien sind jährlich durchgeführte Befragungen von Schülern und Hochschulabsolventen. Dem Institut zufolge geben darin regelmäßig mehrere hunderttausend Jugendliche und junge Erwachsene Auskunft über ihre "Präferenzen" hinsichtlich der Arbeitgeberwahl, ihre "Handlungsmotivationen" und ihr "Kommunikationsverhalten".[3] Auf dieser Basis erstellt trendence dann sogenannte Arbeitgeber-Ranglisten ("Schüler- und Absolventenbarometer"), auf denen Bundeswehr und BND regelmäßig weit oben stehen: In diesem Jahr belegen die deutschen Streitkräfte Platz 6 unter den 100 ermittelten deutschen "Top-Arbeitgebern"; der Bundesnachrichtendienst findet sich auf Platz 11 der 100 beliebtesten Arbeitgeber im Bereich Informationstechnik (IT). Sowohl die Bundeswehr als auch der BND nutzen diese Ergebnisse für die Nachwuchsrekrutierung. So erscheint beispielsweise das von trendence vergebene Qualitätssiegel "Deutschlands 100 Top-Arbeitgeber" auf den jeweiligen Karriere-Webseiten.
Bundeswehr-Schülermarketing
Unter der Bezeichnung "Employer Branding Awards" vergibt trendence darüber hinaus regelmäßig Auszeichnungen für die besten Personalwerbemaßnahmen. Prämiert werden die Werbeauftritte von Unternehmen und Behörden in den Massenmedien, im Internet, bei sogenannten Karrieremessen sowie an Schulen und Hochschulen. Als preiswürdig gelten dem Institut dabei nach eigenen Angaben in erster Linie Rekrutierungskampagnen, die von potentiellen Bewerbern als "glaubhaft", "persönlich" und "authentisch" wahrgenommen werden.[4] Nach Auffassung der Juroren gilt dies nicht zuletzt für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Die deutschen Streitkräfte belegten 2011 den dritten Rang in der Kategorie "Bestes Schülermarketing" - ein Vorgang, der von Seiten des Militärs wiederum für die Personalrekrutierung genutzt wird: In ihrem Bericht über die Preisverleihung verweist die "Zentrale Online-Redaktion" der Bundeswehr auf "attraktive Berufs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen gleichermaßen wie für Männer", die die "gesamte Bandbreite des modernen Arbeitsmarktes" abdeckten.[5]
Akzeptanzwerbung
Zur Jury der von trendence verliehenen "Employer Branding Awards 2011" zählt neben etlichen anderen Wissenschaftlern auch Professor Dieter Wagner von der Universität Potsdam. Wagner ist zugleich Gründungsdirektor des "Brandenburgischen Instituts für Gesellschaft und Sicherheit" (BIGS), wo man sich sowohl mit den militärpolitischen Konsequenzen der EU-Schuldenkrise als auch mit der Akzeptanzwerbung für neuartige staatliche Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen befasst (german-foreign-policy.com berichtete [6]). Analog zur Tätigkeit des trendence-Instituts sieht sich das BIGS einer Selbstdarstellung zufolge der Rekrutierung akademischen Nachwuchses für potentielle Arbeitgeber - etwa aus der Rüstungsindustrie - verpflichtet: "Das BIGS bietet Graduierten unterschiedlicher Disziplinen an, sich wissenschaftlich weiterzubilden und dabei in einen engen Kontakt mit den Nutzern ihrer Erkenntnisse zu treten."[7]
Imagedefizite
Die nun von trendence vorgelegten Arbeitgeber-Ranglisten, auf denen Bundeswehr und BND weit oben platziert sind, stehen in auffälligem Widerspruch zu einer von den deutschen Streitkräften selbst im Sommer 2009 vorgelegten "Jugendstudie" (german-foreign-policy.com berichtete [8]). Darin ist von "signifikanten Imagedefiziten" des Militärs im Vergleich zu anderen Arbeitgebern die Rede - als Folge der durch Kriegseinsätze im Ausland bedingten "Belastungen" und "Risiken" für Soldaten.
[1] Qualifikation; www.trendence.de
[2] Kompetenzfeld Evaluation; www.trendence.de
[3] Kompetenzen; www.trendence.de
[4] trendence vergibt Employer Branding Awards 2011; www.trendence.de 24.05.2011
[5] Bundeswehr erzielt Platz 3 in der Kategorie "Bestes Schülermarketing"; mil.bundeswehr-karriere.de
[6] s. dazu
Sicherheitsökonomie
[7] Brandenburgisches Institut für Gesellschaft und Sicherheit (Konzeption). Potsdam, Juli 2010
[8] s. dazu
Military Studies