Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen1 (DFG-VK) ist die älteste Organisation der deutschen Friedensbewegung. Sie ist ein Verband politischer Pazifisten und Kriegsdienstverweigerer.
DFG-VK Berlin-Brandenburg
Denunziation von AntimilitaristInnen durch den DFG-VK-Bundesvorstand
Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Bundesvorstand der DFG-VK hat diese Woche drei Berliner
AntimilitaristInnen bei der Polizei denunziert. Die Übermittlung ihrer
Namen geschah im vollen Wissen, dass den Betroffenen nun mit hoher
Wahrscheinlichkeit Hausdurchsuchungen bevorstehen und ein
Ermittlungsverfahren wegen ihrer politischen Aktivitäten droht.
Die Maßnahme des Bundesvorstandes steht in Zusammenhang mit der Aktion
„Feste feiern, wie sie fallen“, die in Berlin zu einem „Schampussaufen“
eingeladen hatte, sobald der nächste Bundeswehrsoldat „fällt“. Diese Aktion
mit dem Namen „Tag Y“ war auf der Homepage www.bamm.de beworben worden.
Seit über einem Monat ist sie als satirische Provokation geoutet.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Verantwortlichen Volksverhetzung und
Beleidigung vor. Mitte und Ende April hat es bereits Hausdurchsuchungen
gegeben, um Personen zu ermitteln, die für die Einstellungen auf
www.bamm.de verantwortlich sind. Diese Durchsuchungen waren offenbar
erfolglos, weil sie keine Namen lieferten. Da hat nun die DFG-VK geholfen.
Laut Durchsuchungsbeschlüssen sei der Aufruf zum „Tag Y“ geeignet, „den im
Ausland stationierten Soldaten der Bundeswehr ein Lebensrecht abzusprechen
und durch den Aufruf zum Feiern auch das Sicherheitsgefühl der
Bundeswehrangehörigen und deren Familien stark zu beeinflussen.”
Das sind starke Worte. Wie wenig der Staatsmacht selbst am „Lebensrecht“
der afghanischen Bevölkerung und ihrem Sicherheitsgefühl liegt, hat sie
eindrücklich dokumentiert, als sie Oberst Klein, dem Verantwortlichen für
das Massaker von Kundus, einen Persilschein ausstellte.
Es geht hier nicht darum, die Aktion „Tag Y“ zu rechtfertigen.
Es geht um die Frage: Lassen wir zu, dass die Staatsgewalt eine
antimilitaristische Aktion kriminalisiert, und lassen wir zu, dass ein
Friedensverband wie die DFG-VK sich als williger Helfer der
Staatsanwaltschaft betätigt?
Denn auch wer „Tag Y“ ablehnt, wird ja erkennen, dass hinter dem
Verfolgungseifer der Staatsanwaltschaft eine politische Motivation steht.
Der Verteidigungsminister, der Wehrbeauftragte, der Bundeswehr- und der
Reservistenverband fordern vehement eine Bestrafung der
AntimilitaristInnen. Je mehr die Zustimmung der Bevölkerung für den
Afghanistan-Krieg schwindet, desto repressiver geht der Staat gegen
diejenigen vor, die – aus seiner Sicht – der Truppe den Dolch in den Rücken
stoßen.
Die staatliche Repression ist an sich schon ein Skandal, aber kein
unerwarteter.
Viel schlimmer ist es, dass sich nun auch die DFG-VK militärisch
„einbetten“ lässt. Ihr Bundessprecherkreis (BSK) hat den Berliner
Landesvorstand bereits im Januar darauf hingewiesen, „dass wir als BSK
verpflichtet sein könnten, im Falle von Ermittlungen seitens der Berliner
Justiz Eure Adressen mitzuteilen.“
Am 3. Mai, hat die Staatsanwaltschaft ein Fax an den Vorstand geschickt und
die Herausgabe einer Namensliste verlangt. Bei Weigerung wurde eine
Bürodurchsuchung angedroht.
In so einem Fall muss es unter politisch aktiven Menschen normal sein, sich
zu verständigen und eine Lösung zu finden, die für alle Seiten möglichst
schonend ist. Natürlich hätte der Landesverband Berlin-Brandenburg nicht
eine Beschlagnahme sämtlicher Vereinsunterlagen und –computer in Kauf
nehmen wollen. Es wäre aber möglich gewesen, eine Lösung zu finden.
Der Berliner Landesvorstand, von dem Fax am Abend des 3. Mai informiert,
verabredete sich mit dem Politischen Geschäftsführer Monty Schädel für den
6. Mai zu einer Besprechung. Wenige Stunden bevor diese stattfand, sandte
der Bundesvorstand einen Brief an die Staatsanwaltschaft, in dem er drei
Namen mitteilte und sie als Verantwortliche des Berliner Landesverbandes
bezeichnete. Und das, obwohl die Staatsanwaltschaft nur ein einfaches Fax
ohne jede Rechtsverbindlichkeit geschickt hatte. Davon, dass die DFG-VK
verpflichtet war, die eigenen Mitglieder zu verpfeifen, konnte zu diesem
Zeitpunkt keine Rede sein. Es sei hinzugefügt, dass Monty sich den Berliner
Aktiven gegenüber vom Vorgehen des Vereinsvorstandes klar distanziert hat.
Politisch aktive Menschen wissen, was sie von Denunzianten zu halten haben.
Friedens- und antifaschistische Organisationen werden ihre Zusammenarbeit
mit der DFG-VK überdenken müssen. Wer gemeinsam mit der DFG-VK Blockaden
von Atomwaffenstandorten, von Nazi-Aufmärschen oder andere
kriminalisierbare Aktionen vorbereiten will, weiß, dass in der DFG-VK
Zuträger der Staatsanwaltschaft sitzen. Das Misstrauen wird auch diejenigen
DFG-VK-Aktiven treffen, die das Vorgehen des Vorstands verurteilen –
solange sie mit diesem in Kontakt stehen.
Der Landesverband Berlin-Brandenburg wird deswegen bis auf weiteres dem
Bundessprecherkreis keinerlei Informationen über geplante Aktivitäten
zukommen lassen.
Der Berliner Verband ist aber daran interessiert, dass die DFG-VK eine
handlungs- und bündnisfähige Kraft bleibt. Deswegen macht er diesen Vorgang
öffentlich, deswegen ruft er Euch dazu auf, Stellung zu nehmen – zur
Kriminalisierung der Berliner AntimilitaristInnen, und zur Denunziation
durch den DFG-VK-Vorstand. Diesem muss klar signalisiert werden, dass er
seine Glaubwürdigkeit verloren hat. Wird dessen Verhalten geduldet, droht
das Ende der DFG-VK als integrer politischer Kraft.
Die Landesgeschäftsführung
1Manch eine/r der berühmten Mitglieder würden sich sicherlich im Grabe umdrehen
Vier ihrer Mitglieder erhielten den Friedensnobelpreis:
1914 sollte Otto Umfrid den Friedensnobelpreis erhalten. Der Kriegsausbruch verhinderte dies.
Mitglieder der DFG waren auch:
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Hanna Meuter, Soziologin
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Kurt Tucholsky
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Fritz Küster, 1927 bis 1929 Co-Vorsitzender der DFG, bis 1933 dann alleiniger Vorsitzender
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Berthold Jacob
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Martin Niemöller, ab 1957 Präsident der DFG und ab 1958 auch der IdK nach den Zusammenschluss mit dem VK zur DFG-VK deren Präsident
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Berthold von Deimling, Oberst in Deutsch-Südwestafrika und Offizier des Ersten Weltkriegs, Mitbegründer des republiktragenden Vereins Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
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Paul von Schoenaich Präsident in den Jahren 1929–1933 und 1946–1951.
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Georg Schümer, Mitglied der Preußischen Landesversammlung, 1920–1929 Mitglied im Reichsvorstand der DFG, Aktivist in zahlreichen pazifistischen Vereinigungen
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Edgar Engelhard, Politiker der FDP. 1953 bis 1966 Zweiter Bürgermeister und Senator der FH Hamburg.
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Petra Kelly, Mitbegründerin der Partei DIE GRÜNEN und des Bundes für Soziale Verteidigung
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Werner Böwing, Vorstandsmitglied. Erhielt 2002 den Friedenspreis vom Arbeitskreis Karl Liebknecht. Er war von 1957 bis 1987 Geschäftsführer der IG Bau-Steine-Erden.
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