Bundeswehr raus aus dem Klassenzimmer! – Gegen die Zusammenarbeit von Schule und Militär
Das FreiburgerBildungsstreikbündnis ruft zur Demonstrationam 23.01.2010 gegen die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Bundeswehr auf.
Am 04.12.09 unterzeichneten das Kultusministerium Baden-Württemberg und die Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung um die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Jugendoffizieren zu intensivieren. Dabei sollen besonders im Rahmen der politischen Bildung Themen wie innere und äußere Sicherheit und „nationale Interessen“ stärker in den Fokus gerückt werden.
Mit der Gründung der„Institution“ Jugendoffizier 1958 hatten diese zur Aufgabe die Remilitarisierung Deutschlands zu rechtfertigen, heute sollen sie unter Anderem die Notwendigkeit von Bundeswehreinsätzen (besonders den Afghanistaneinsatz) legitimieren. Jugendoffiziere werden in Zukunft auch ihrerseits verstärkt Schulbesuche anbieten und zusätzlich in die Ausbildung von Lehrkräften mit einbezogen werden. Die zivilmilitärische Zusammenarbeit zeigt auch in anderen öffentlichen Bereichen, und soll immer mehr zur gesellschaftlichen Normalität werden.
Diese Kooperation steht im absoluten Widerspruch zu unserem humanistischen Bildungsideal, das sich an Menschenrechten orientiert. In einer Demokratie darf eine Bildungsseinrichtung nicht mit einer streng hierarchischen militärischen Institution zusammenarbeiten. Durch die einseitige Interessenvertretung kann die Bundeswehr direkten Einfluss auf die Meinung der SchülerInnen und die Ausbildung der Lehrkräfte nehmen. Wesentliche Grundsätze der politischen Bildungsarbeit werden dadurch missachtet. Die Bundeswehr darf nicht als Bildungsinstitution aufgewertet werden.
Wir fordern die Aufhebung derKooperationsvereinbahrung zwischen dem Kultusministerium und der Bundeswehr,und die sofortige Einstellung jeglicher Zusammenarbeit von öffentlichen Bildungseinrichtungen und der Bundeswehr. Alle SchulleiterInnen und LehrerInnen sind aufgefordert diese Kooperation zu verweigern.
Es darf nicht zugelassen werden,dass SchülerInnen die Weltsicht der Bundeswehr vermittelt wird. Werbung für die Bundeswehr und Legitimation von Waffengewalt haben in öffentlichen Bildungseinrichtungen nichts zu suchen.
Gegen militaristische Ideologien im Bildungswesen!
Kommt alle zur Demonstration gegen Bundeswehr in Klassenzimmern am 23.01.10 um 15 Uhr am Platz der alten Synagoge in Freiburg!
Dieser Beitrag wurde vor am Samstag, 2. Januar 2010 um 13:24 Uhr veröffentlicht und unter Allgemein gespeichert. Sie können Kommentare zu diesem Eintrag über den RSS-2.0-Feed verfolgen. Sie können einen Kommentar hinterlassen oder einen Trackback von Ihrer Website hierher setzen.
Die Kooperation soll enger werden, noch mehr Jugendoffiziere als bisher sollen in die Klassenzimmer kommen. Dabei sollen den jungen Leuten die »nationalen Interessen« Deutschlands erläutert werden - was auch immer das heißt. Die Jugendlichen sollen zudem an sicherheitspolitische Themen herangeführt werden. Außerdem werden nun auch Referendare durch Jugendoffiziere aus- und fortgebildet.
Der Wortlaut der Vereinbarung wird leider immer noch unter dem Tisch gehalten, wir haben davon nur aus einer Pressemitteilung des Kultusministeriums erfahren. Wahrscheinlich ähnelt der Vertragstext aber dem der ersten bundesweit abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung vom Oktober 2008 in Nordrhein-Westfalen. Das würde bedeuten, daß jährlich Berichte über den Stand der Kooperation erstellt werden und daß die Jugendoffiziere dabei ein Wort mitzureden haben. Schulen, die nicht kooperieren, könnten so unter Druck gesetzt werden.
Aber so bekommen sie natürlich nur die Darstellung der Bundeswehr. Die Jugendoffiziere vermitteln den Schülerinnen und Schülern im Unterricht ihr militärisches Weltbild - was sich aber von zivilem, demokratischem Denken stark unterscheidet. Für Soldaten ist Waffengewalt ein legitimes Mittel der Politik.
Die Jugendoffiziere sollen den Jugendlichen z.B. die Notwendigkeit von Auslandseinsätzen nahebringen. Das aber paßt nicht zu einem humanistischen Bildungsideal und verstößt außerdem gegen die 1976 festgelegten Minimalbedingungen für politische Bildung, den sogenannten Beutelsbacher-Konsens, der das Ergebnis einer Tagung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württembergs war. Darin ist festgelegt, daß Schülerinnen und Schülern nicht von Meinungen überrumpelt werden dürfen, und Themen, die in der Gesellschaft umstritten sind, auch kontrovers dargestellt werden. Dieser Konsens wird von den rhetorisch geschulten Jugendoffizieren sicherlich nicht eingehalten.
Sicherheitspolitik ist ein wichtiges Thema, sie sollte den Schülern aber von neutralen, unabhängigen Experten und Lehrkräften beigebracht werden. Mindestens sollte beim Einsatz von Jugendoffizieren in Schulen auch die Gegenseite eingeladen werden - also Friedensaktivisten. Das ist momentan fast nie der Fall. Die Jugendoffiziere allerdings werden anders als diese Aktivisten finanziert und haben ganz andere Möglichkeiten, sich Fachwissen und Argumente anzueignen.
Am 23. Januar soll es in Freiburg eine Großkundgebung gegen diese Vereinbahrung geben - das Ganze ist mittlerweile als bundesweite Demonstration angekündigt. Es beginnt um 15 Uhr am Platz der Alten Synagoge. Es werden danach weitere Aktionen folgen, beispielsweise wenn wir erfahren, wann die Bundeswehr in Schulen Einsätze hat. Unser Ziel ist die Rücknahme der Kooperationsvereinbarung in Baden-Württemberg sowie in allen anderen Bundesländern, in denen es solche Abkommen gibt. Jegliche Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Bildungseinrichtungen und der Bundeswehr muß sofort eingestellt werden. Schulleiter und Lehrer fordern wir auf, nicht mit den Militärs zu kooperieren. Schüler sollen auch selbst dagegen protestieren, wenn Jugendoffiziere an die Schulen kommen.
Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg und dem Wehrbereichskommando IV - Süddeutschland - der Bundeswehr (pdf-Datei)